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Ich – Du – Wir

Aktuell, Ich - Du - Wir

Licht

Wenn wir auf diese Welt kommen, steht dahinter auch die Idee, uns hier, in der Polarität und durch die Polarität zu dem Wesen zu entwickeln, das wir eigentlich sind. Das Wissen darüber haben wir noch, wenn wir geboren werden. Dieses Wissen ist unser Licht, das uns über wachsende Bewusstheit in die Erkenntnis der Welt führt. Dann integrieren wir uns in das jeweiligen System und vergessen, was uns eigentlich ausmacht und führt. Diesen großen Mangel versuchen wir mit den Angeboten des Systems zu kompensieren. Was auch immer das ist: Leistung, Geld, Macht, Kontrolle, Süchte, usw. Und die meisten von uns -vielleicht auch alle- stecken darin fest. Mehr oder weniger.
Durch die Anpassung ans System haben wir den inneren Kontakt zu uns verloren. Der läuft immer über den Körper und damit über unsere Intuition. Unser Körper hat alles gespeichert, was wir jemals erlebt haben. Auf Grund dessen ist er wundervoll in der Lage uns mitzuteilen, ob das, was wir im Außen antreffen, die Impulse von anderen oder vom Leben, ebenso wie die Impulse, die als Reaktion aus unserem Inneren aufsteigen, uns einen Weg zurück in die Erinnerung und nach vorne in die Erkenntnis zeigen, oder uns davon abraten.
Daher sind aus meiner Sicht alle Menschen, Tiere, Situationen, was auch immer, ein Spiegel für uns, an dem entlang unsere Entwicklung sich entfaltet.

Eine ganz einfache Übung, um unsere Intuition fließen zu lassen, ist die Frage: Was fühle ich zu diesem Menschen, dieser Situation? Entsteht in mir ein Gefühl der Weite? Der Wärme oder der Ruhe? Entspanne ich mich beim Gedanken daran? Oder spüre ich Enge, Verkrampfung, Zusammenziehen?

Wenn ich dich ansehe, sehe ich dein Licht. Und ich sehe, wie du leuchtest. Vielleicht kannst du es selbst noch nicht erkennen. Und doch ist es da …
Lassen wir unser Licht leuchten, zieht es viele Menschen an, die ihr eigenes Licht nicht spüren können und an unserem partizipieren möchten. Sie werden leicht fordernd, weil sie eine solche Sehnsucht nach Licht haben. Und ihre Dunkelheit, in der sie leben, ist oft sehr groß. Also versuchen sie mit unterschiedlichen Mitteln uns dazu zu bringen, Ihnen unser Licht zu schenken. Quasi „für sie zu leuchten“. Das funktioniert natürlich nur bedingt. Wir sind dann schnell mehr mit ihnen beschäftigt, als wir eigentlich möchten. Wir beginnen uns zu vernachlässigen, da unsere Energie nach außen fließt, statt in uns zu zirkulieren und dann transformiert nach außen zu gehen. Wir vernachlässigen unseren Körper, unseren Geist, unsere Seele.
Daher ist es wichtig, auf uns zu schauen. Nicht, weil wir egoistisch sind. Im Gegenteil. Schauen wir auf uns, entwickeln wir alles, wofür wir hierher gekommen sind. Und davon profitieren auch die Menschen, denen wir wirklich nahe sein wollen.
Und auch die, die von unserem Licht leben wollen, können sehen, dass es einen anderen Weg gibt in Glück und Liebe zu leben. Nämlich den, nach innen, statt nach außen zu schauen. Denn alles, was wir wirklich wirklich brauchen, liegt und lebt in uns.

Aktuell, Ich - Du - Wir

Tiefe

Wie entsteht Tiefe in uns?
Indem wir uns in unserer Tiefe annehmen.
Indem wir jedes Gefühl voll auskosten.
Jeden Schmerz, jede Verzweiflung, jede Freude, jedes einzelne Gefühl.
Menschen sind in ihrer gegenseitigen Tiefe wie zwei verbundene Gefäße, in denen das Wasser immer gleich hoch steht. So kann ich einen anderen nie tiefer treffen, als es meiner Tiefe entspricht.

Ich - Du - Wir

Es war einmal

Es war einmal eine Zeit, als Menschen noch in Gemeinschaften lebten. Sie unterstützen sich und halfen einander. Wurde ein Kind empfangen, wurde das Wunder von allen gemeinsam gefeiert. Denn wieder hatte eine Frau ihren Körper bereit gestellt, damit er einem Wesen dienen konnte, um hier auf diese Erde zu reisen. Alle wussten, dass dieses Wesen nicht ab jetzt die werdende Materie in der Frau bewohnt. Dazu ist eine Seele zu groß. Die Seele erkennt ihren zukünftigen Körper. Sie schlüpft immer wieder hinein, hilft ihm sich zu entwickeln, wie ein Gärtner eine Pflanze unterstützt und pflegt. Aus ihrer höheren Perspektive erkennt die Seele die Bedürfnisse von Mutter und Kind, sie schlüpft in das Wesen, das sie einmal bewohnen wird, spürt die Enge des sich entwickelnden Körpers und verlässt ihn auch wieder. Der Körper ist nur ihr Haus, das sie bewohnen kann.
Es war einmal eine Zeit, in der Frauen ihr Kind allein, entspannt und in Ruhe zur Welt brachten. Mutter und Kind gebaren einander miteinander. Wo kein Druck und keine Vorschriften sind, können die Beiden im Prozess der Geburt füreinander da sein, sich aufeinander einstellen und in ihrem Tempo schwingen. Spürend in Liebe zueinander sein. Das neue Wesen weiß was es braucht. Es findet die Brust und sorgt für sich. Es weiß auch, dass es nun am Körper der Mutter bleiben wird. Es wird getragen, genährt, geliebt. Nichts ist in dieser Zeit wichtiger, als dieses aufeinander einstimmen, das Kennenlernen, das Miteinandersein. Und auch das Hineinführen des Kindes in den Alltag und die Welt der Eltern. Sicher gehalten, gut genährt. Ohne das Trauma des getrennt Werdens.
Es war einmal eine Zeit, in der Kinder nicht ins Trauma, sondern in die Liebe geboren wurden. Aus dem Körper wurden sie an den Körper geboren. Ins Getragen und Gehalten werden. Sie wurden nicht in die Erwartung und die Erfüllung der Wünsche ihrer Eltern geboren, sondern in ihr Leben. Ins unterstützt werden, ins begleitet werden. In die Möglichkeit sich auszuprobieren, egal wie die Erwachsenen dazu standen.
Es war einmal eine Zeit, in der Kinder frei, wild und ungezähmt aufwuchsen. Sie wuchsen zu starken Menschen heran, die Liebe ausstrahlten, weil sie in Liebe gezeugt, geboren und gehalten wurden. Sie waren nicht die Projektionsfläche ihrer traumatisierten Eltern, bekamen keine transgenerationalen Aufträge aus dem Unerledigten der Erwachsenen. Sie hatten nicht deren Leben glücklich zu machen, nicht ihren Mangel zu füllen. Sie waren. Und sie durften sein. Sie lebten ihr eigenes Leben. In dem Moment, in dem wir dorthin zurück kehren, kehrt die Liebe in die Welt zurück. Die Menschen werden nicht nur sich lieben, sie werden auch die Tiere lieben und die Pflanzen. Sie werden Mutter Erde lieben. Und in dieser ihrer Liebe wird es ihnen nicht möglich sein ein anderes Wesen oder die Welt zu verletzten. Liebe gebiert Liebe.

Ich - Du - Wir

Was ist Leben? Sicherheit? Oder Freiheit? 

Wenn wir geboren werden, ist alles  noch offen. Unsere „Hardware“ schreibt uns nicht vor wie und wo wir leben sollen. Wenn wir geboren werden, sind wir bereit für das Abenteuer des Lebens. Mit schlafwandlerischer Sicherheit passen wir uns allem an, was wir vorfinden. Wir sind offen, voller Neugier und wollen alles geben, bringen jeden Einsatz, um den Traum „Leben“ für uns zu  verwirklichen. 

Dazu folgen wir unseren Instinkten, binden uns, folgen unseren Autonomiebestrebungen und erkunden die Welt, die wir vorfinden. Werden wir gezwungen uns zu entscheiden, entscheiden wir uns. Zu Beginn immer für die Bindung. 

Die ersten Jahre können Kinder nur überleben, wenn sie es schaffen aktiv eine Bindung zu anderen aufzubauen. Im Idealfall führt die Mutter die schon während der Schwangerschaft entstandene Bindung fort und wird von anderen Erwachsenen und/oder Kindern/Jugendlichen dabei unterstützt, ein familiäres Nest zu bauen, in dem der Säugling alles bekommt, was er für seine körperliche, geistige und seelische Entwicklung benötigt. 

Seit einigen Jahrzehnten scheint der Bindungsaufbau oft gut zu gelingen. Die größere Herausforderung für Eltern liegt eher darin, das Kind in seinem Wunsch nach Autonomie zu unterstützen. Ursache dafür können Ängste oder Schuldgefühle bei den Eltern sein. Bewusst oder unbewusst. Dadurch entwickelt sich leicht ein starkes Bedürfnis nach Sicherheit, sowohl für sich, als auch für ihr Kind. In einer Gesellschaft, die -von außen betrachtet- Sicherheit über Lebendigkeit stellt, kann daraus ein starkes Bedürfnis nach Kontrolle entstehen. Diese bezieht sich sowohl auf das aktuelle Geschehen im Leben des Kindes, als auch auf seine Zukunft. Im Umgang mit dem Kind wird Sicherheit dann als Non-plus-Ultra betrachtet. Weit wichtiger als die dringende Notwendigkeit des Kindes eigene Erfahrungen zu machen. Sicherheit wird zum äußeren Ausdruck von Liebe. Einer Liebe, die sich nicht an gut ausgebildeten Instinkten der Eltern misst, sondern dem eigenen Erleben in der Kindheit und dem Zeitgeist geschuldet ist. 

Besonders Eltern, die schon für sich entschieden haben, dass Glück mit materieller Sicherheit gleichzusetzen ist sind betroffen. Eine Entscheidung, die aus Angst geboren wird. 

Das eigene Lebendige wird erstmal hinten an gestellt, irgendwann vergessen und sucht sich seinen Ausdruck dann in anderen Formen. Ebenso wird das Lebendige im Kind als unerwünscht gelabelt. Es soll möglichst viel Zeit unter der Aufsicht Erwachsener verbringen. Im Kindergarten, der Schule oder in einer strukturierten Freizeit. Und natürlich soll das Kind zufrieden sein. Was schon auch bedeuten kann es über Stunden vor High Tec Geräten zu parken. Sind die aktuelle Sicherheit und -über entsprechende Noten- die zukünftige Sicherheit möglichst gewährleistet, fühlen sich die Erwachsenen entlastet. 

Man könnte tiefer gehen und fragen „Ist das dann noch Leben?“ Denn lebendig sein bedeutet sich dem Strom des Lebens zu stellen. Das Leben zu nehmen, wie es kommt und ihm keinen Widerstand entgegen zu setzen. Die Sucht nach Sicherheit entsteht erst, wenn ich das Risiko aus dem Abenteuer eliminieren möchte und nicht merke, dass dann auch das Abenteuer verschwindet. Leben ist eben keine Balance zwischen Sicherheit und Freiheit. Sicherheit ist die Antwort des kleinen Egos auf nicht verarbeitete Traumata. Freiheit ist ein Ziel auf der Reise, das durch Angst nicht erreicht werden kann.

Ich - Du - Wir

Wenn ihr nicht von dem Wein der Einsicht trunken seid, könnt ihr nicht vom Kuss der Freiheit nüchtern werden.

Mikhail Naimy

Ich - Du - Wir

Der Abgrund

Ich nähere mich dem Punkt aus der Luft. Von oben. Wie ein Adler sehe ich tief unter mir die Hochebene, die quer durch einen Abgrund unterbrochen wird. Beim Näherkommen erkenne ich die Felsen auf beiden Seiten des Bruches und ermesse erst jetzt wie breit er ist. An einer Stelle ist eine Slackline gespannt, auf der eine Frau balanciert. Inzwischen bin ich nur noch wenige Meter über ihr und erkenne mich selbst.
Ich balanciere da. Über einem Abgrund dessen Tiefe ich nicht ermessen kann. Von dem Punkt, auf dem ich auf der Line stehe, kann ich weder ihren Anfang noch ihr Ende erkennen. Sie schwingt sich über diese Tiefe und ich kann auch nicht mehr sagen von welcher Seite ich losgegangen bin. Was ich jedoch noch weiß, ist dass die Slackline, als ich losging, eine ganz normale Slackline war. Ich musste auf ihr balancieren, meine gesamte Energie in meine Füße fließen lassen und diese Verbindung zwischen ihr und mir wahrnehmen. Da wo ich jetzt stehe, ist die Slackline vielleicht einen Meter breit. Als ich mich umschaue sehe ich ein Kissen, einen kleinen Spirituskocher und zwei oder drei Dosen. Anscheinend habe ich vor hier länger zu bleiben. Doch wie kann das sein? Wieso ist die Slackline so breit? Wieso diese Dinge? Im nächsten Moment schaue ich wieder aus der Adlerperspektive nach unten und bekomme eine Antwort. Nicht die Slackline wurde breiter, sondern ich bin geschrumpft. Ich bin viel kleiner, als zu dem Zeitpunkt, an dem ich loslief.
Mein Leben fließt zwischen so vielen Möglichkeiten. Zu manchen Zeiten habe ich das Gefühl Kontrolle darüber zu haben. Am Steuer zu stehen, Einfluß zu nehmen, mein Leben in der Hand zu haben. Gerade ist das nicht so. Ich habe keinen Einfluß, was geschieht geschieht. Ich sehe nicht wo ich herkomme und wo ich hin will. Unter mir der Abgrund. Die Situation ist wie sie ist und ich gebe mich ihr hin. Tue ich das? Kaum kommt ein Gedanke, folge ich ihm wie der Vogel dem Wind, lasse mich von ihm forttragen an einen Ort, der weniger schwierig, weniger belastend zu sein scheint. Träume! Alles Träume! Tatsächlich stehe ich über dem Abgrund, demütig, unwissend.
Dana ist schwer krank. Ich weiß nicht, ob sie geht oder bleibt. Wahrscheinlich weiß sie es auch nicht. Dieses Nicht-Wissen ist der schmale Grad der Realität. Er tut weh, ist unbestechlich, klar, kalt, hart. Er ist wie er ist. Es gibt keine Möglichkeit ihm zu entfliehen. Jede Flucht kann nur in einem Traum enden. Einem Traum, der die schwer kranke Hündin nicht berücksichtigt. Natürlich wünsche ich mir, dass ihr Körper heilt. Oder, dass das Sterben schnell geht. Sie und mich entlastet. Wünsche! Eine andere Art zu träumen! Mein Träumen führt mich von ihr weg. Von ihrer Realität.

  • [ ] In der Quantenmechanik werden die Eigenschaften eines Objekts durch mathematische Objekte namens Wellenfunktionen dargestellt. Die Unschärferelation besagt, dass, selbst wenn man alle Komponenten der Wellenfunktion eines Partikels hat, man trotzdem nicht den genauen Standort und den Impuls definieren kann. Die Position und der Impuls eines Objekts sind nicht bestimmt, bis es wahrgenommen wird (dadurch wird der Beobachter Teil des Systems). Carl J. Pratt

Die Realität liegt im Unbestimmten. Blicke ich von meinem Platz auf der Slackline nach rechts oder links, sehe ich nur undurchdringlichen Nebel. Alles jenseits unserer Realität im Hier und Jetzt liegt im Nebel des Nicht-Wissens. Wir versuchen Einfluß zu nehmen, doch Position und Impuls des Objekts sind nicht bestimmt. Wir wissen nicht, wohin die Reise geht. Und genau aus diesem Grund bleibe ich an meinem Platz auf der Slackline, über dem Abgrund, im Nebel. An Dana’s Seite.

Ich - Du - Wir

Innana und Ereschkigal

Kinder brauchen starke und liebevolle Eltern. Das macht sie stark und liebevoll.

Da wir jedoch in einer Welt leben, die wir seit tausenden Jahren mit Krieg, Hass und Gewalt überziehen, haben wir alle mehr oder weniger traumatisierte Eltern. In der langen Reihe unserer Ahnen wurde die Nicht-Liebe von Generation zu Generation weitergegeben. Was man nicht hat, kann man nicht geben. 

Unsere Kultur verlangt von uns eine andere, ja konträre Haltung. Elternliebe, Mutterliebe, Vaterliebe darf nicht nicht sein. Sie wird quasi als naturgegeben angesehen. Sie ist verklärt, romantisiert und fern jeder Realität. 

Wie Arno Gruen in seinen Büchern eindrucksvoll darlegt, werden wir alle mit Gleichgültigkeit, Abwertung, Hass in der Maske der Liebe gefüttert. Lesen wir einen solchen Satz, sträubt sich alles in uns. Wir sind sicher, das mag vielleicht bei anderen oder in früheren Zeiten zugetroffen haben, aber nicht bei uns. Schließlich erinnern wir uns an Spiele mit Mutter oder Vater, an lächelnde Gesichter, in denen wir Liebe zu erkennen glaubten. Zum Glück hatten die meisten von uns auch diese Momente in ihrer Kindheit. Kinder, die nichts davon haben, sterben. Da wir da sind, da wir unsere Kindheit überlebt haben, hatten wir solche Momente, die unser Herz nährten. 

Das Drama fand in größerer Tiefe statt. Die Kälte in unseren Eltern spürten wir täglich. Im Nicht-Beachtet-Werden unserer Bedürfnisse, in Nebensätzen, wie „das ist doch nicht so schlimm“, „stell dich nicht so an“, usw. Darin, dass unsere Eltern uns nicht mit Neugier auf unser Sosein betrachteten, sondern ein Projekt aus uns machten. Darin, dass sie uns mit Dingen überhäuften, die wir nicht brauchten, uns aber Zeit, Zuwendung, Nachsicht und Verständnis verweigerten. 

Nichts von alledem taten sie bewusst böswillig. Sie taten es, weil alle es so machten, weil es ihnen von der Gesellschaft, von Pädagogen, von Ärzten, ihren Eltern, Freunden und anderen wohlmeinenden Menschen so vermittelt wurde. Sie taten es, weil sie mit ihren inneren Unzulänglichkeiten beschäftigt waren, die sie irgendwie im Außen kompensieren mussten. Oder weil sie dem Glauben aufgesessen waren, wie wichtig Materielles sei und die Kinder mussten da halt zurück stecken. Dafür konnte man dann zweimal jährlich in Urlaub fliegen, ein besonderes Auto fahren oder was auch immer. 

Bestehen bleibt, dass wir nicht die Liebe erhielten, die unser Geburtsrecht ist. Und das war unerträglich. Kinder können es nicht ertragen, dass Eltern sie nicht wirklich wirklich lieben. Also taten wir, was wir tun mussten, um diese Misere zu lösen. Wir taten, was auch schon unsere Eltern und deren Eltern und so viele Eltern zuvor getan hatten. Wir nahmen die Schuld auf uns. Wenn sie uns nicht lieben konnten, dann weil wir aus irgend einem Grund nicht liebenswert waren. Vielleicht lag es an unserem Verhalten, an unserem Aussehen, vielleicht waren wir auch von Grund auf falsch. 

Die andere Möglichkeit, die wir hatten, war, die ungeliebten Anteile statt zu uns zu nehmen, auf einen Feind im Außen zu projizieren. Dieser Weg brachte uns in die perfekte Anpassung an Eltern, Gesellschaft und Kultur. Denn in unserer Kultur werden diejenigen in Geschichtsbüchern erwähnt, die durch „viel Feind, viel Ehr“ „Großes“ erreichten. Dabei fällt uns nicht auf, dass dieses Große immer durch Spaltung in „wir“ und „die Anderen“ und deren Niederwerfung errungen wird. Wie auch? Unsere Gesellschaftsspiele, unsere Sportveranstaltungen, Schule, Ausbildung, Beruf beruhen auf Konkurrenz. Wir sind darauf programmiert unsere Energie nach außen zu richten. Was wir auch gerne tun, da im Inneren unsere Dämonen lauern. Dort irgendwo ist der Schmerz unserer Kindheit verborgen, dass wir nicht geliebt wurden. Also passen wir uns weiter an die Gesellschaft an, kämpfen gegen einen Feind im Außen und gaukeln uns vor, wir wüssten was Liebe sei.

Jeder von uns kann jederzeit diese endlose transgenerationale Weitergabe von Unglück unterbrechen. Es braucht Mut, sicher. Den Mut uns unserem Inneren zuzuwenden. Wie Innana in die Tiefe hinabzusteigen, um unsere dunkle Schwester zu besuchen. Wenn wir dort bei Ereschkigal ankommen, nackt und auf Knien, müssen wir sterben. Unser Ich, wie wir es bisher kannten muss sterben, um die Oberfläche wieder sehen zu dürfen. Und danach müssen wir uns wiederholende Rituale schaffen, die uns wieder und wieder in die Tiefe führen, um unserem Leben eine Balance zu geben, die Schmerzen anerkennt, statt sie zurückzuweisen. Erst dann haben wir wahre Lebendigkeit, ein wahres Leben gewonnen. Dann können wir, aus unserem Bewusstsein für den Schmerz heraus, unseren Eltern und Ahnen vergeben. Und unsere Kinder erkennen, als die, die sie wirklich sind. Wir können sie in Liebe betrachten ohne unseren Schmerz zu verleugnen.

Ich - Du - Wir

PlastikLeben in einer PlastikWelt – Teil III – Bewusstwerdung

Wir brauchen nicht viel. Fast gar nichts. Alles ist in uns. Wir wurden mit allem ausgestattet geboren. Und nichts ging verloren. Manches wurde weggedrückt, anderes hat sich versteckt. Teilweise konnte sich Zusammengehörendes noch nicht finden, weil da keine Entwicklung war. In uns wartet ein Schatz darauf, ins Bewusstsein zu kommen. Wieso klingt das so neu? Nun, es ist in uns. Es ist wir. Also wissen wir davon. Dass es uns so schwer fällt dazu bewusst zu werden, liegt an unserem Denken. 

Im Laufe unserer Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen wurden wir kompromittiert. Dies geschah über die Menschen um uns, die es meist in bester Absicht taten. Die Sozialisation griff. Wir lernten uns von unserem Körper zurückzuziehen. Von unserem Kopf – von da oben – sahen und sehen wir auf den Körper herab. Wir glaubten dort die animalische Natur unseres Wesens zu erkennen und waren sicher sie überwinden zu müssen, um … . Je nach Ansatz ging es bei diesem „um …“, um intellektuelle Vergeistigung, oder wir vermuteten Gott irgendwo da oben und wollten ihm näher sein. Egal was unsere Begründung war, immer mussten wir den Körper abwerten. In ihm vermuteten wir Triebe, Gefühle, Leidenschaften, unsere wilde ungezähmte Natur. Er machte uns verletzlich, dort waren die Schmerzen zu Hause. Die physischen, aber vor allem die emotionalen. Wir glaubten durch unseren Rückzug in den Verstand so viel zu gewinnen und verloren dabei uns und unsere Menschlichkeit. Wir verloren unsere Empathie und unsere Liebesfähigkeit. Weil wir dem Schmerz auswichen, konnten wir auch die Schmerzen anderer nicht mehr nachempfinden. Wir waren nicht mehr berührbar. Wir zerstörten die Welt um uns. Wir machten sie uns untertan. Grausam und als Folterknechte. Und ohne Erbarmen. Gefühle ersetzten wir durch Drama. Liebe durch Romantik, die Tiere, denen wir jeglichen Lebensraum versagten stellen wir uns als lächelnde Plastikversionen an die Haustür. Das beschwichtigt diese bohrende Sehnsucht in uns kurz. 

Wir haben uns die Welt aus Plastik neu erschaffen und leiden ohne Leidenschaft. Statt auf Lebendigkeit setzen wir auf Sicherheit. Wir fühlen keinen Schmerz mehr, aber auch keine Freude. Dafür schmerzt unser Körper, missbraucht durch zu viel Essen, zu wenig Essen, zu wenig Bewegung, zu viel Bewegung. Wir muten ihm zu, was wir denken was gut sei. Wir spüren seine wahren Bedürfnisse nicht mehr. Auch wenn er immer wieder anklopft, wir hören nicht hin. Unser Denken hat die Kontrolle übernommen und denkt sich aus, was alles für uns gut sei. Vollkommen vom pulsierenden Leben in unseren Adern abgeschnitten. Ohne Kontakt zur Natur, den Elementen, weist es jede Verbindung zurück. Unser Denken ist sich selbst genug. 

Solange wir nicht bereit sind diese elementaren Wahrheiten anzuerkennen, werden wir dem Plastikwahn nicht entkommen. Wir sehnen uns nach menschlicher Nähe und Zuwendung. Nach der Berührung warmer Haut. Nach Augen, die uns in Liebe ansehen. Nach Lachen und Gemeinschaft. All das ist erreichbar. Im nächsten Moment sogar. Wir müssen nur eine Entscheidung treffen. Ist uns erst klar, was wir wirklich suchen, was unsere tiefste Sehnsucht ist, können wir uns entscheiden ein echtes Leben zu leben. Ein Leben in dem Wärme, Kreativität, Freude, Miteinander und Liebe im Mittelpunkt stehen. Alles was wir dafür hinter uns lassen müssen, ist der falsche Ersatz. Und diese Entscheidung trifft jeder für sich allein.

Nennt ihr das Seele, was so zage zirpt
in euch? Was, wie der Klang der Narrenschellen,
um Beifall bettelt und um Würde wirbt,
und endlich arm ein armes Sterben stirbt
im Weihrauchabend gotischer Kapellen, –
nennt ihr das Seele?

Schau ich die blaue Nacht, vom Mai verschneit,
in der die Welten weite Wege reisen,
mir ist: ich trage ein Stück Ewigkeit
in meiner Brust. Das rüttelt und das schreit
und will hinauf und will mit ihnen kreisen …
Und das ist Seele.

Rainer Maria Rilke

Ich - Du - Wir

Ein PlastikLeben in einer PlastikWelt – Teil II

Wir sollten uns endlich wach atmen. Denken funktioniert nur mit ausreichend Sauerstoff. Wer immer nur flach und oberflächlich Luft gerade mal ins obere Drittel der Lunge holt, dessen Gehirn und gesamter Körper kann nur Schmalspurleistungen erbringen. Sauerstoff verbindet uns mit dem Leben. Er ist Leben. 

Wir brauchen die Verbindung in uns. Sind Kopf, Herz und Bauch gut verbunden, sind wir mit uns in Kontakt. Wir spüren unseren Körper, unsere Sehnsucht, unsere Abneigung. Spüren wir uns, können wir auch andere spüren. Wir erkennen, ob unser Gegenüber authentisch ist, ob wir der Wahrheit oder der Lüge begegnen. Sind wir mit unserem Körper in Kontakt, kann uns niemand manipulieren.

Die Welt wird sich verändern, je mehr Menschen den Mut finden, sich ihren inneren Dämonen zu stellen, denn wir haben nie Angst vor den Dämonen da draußen, sondern vor denen in uns. 

Wir alle haben einen Sozialisationsprozess hinter uns. Das wissen wir. Aber wir wissen nicht, was wir damit meinen. Ein kleiner Auszug aus Wikipedia: „Sozialisation ist demnach die Anpassung an gesellschaftliche Denk- und Gefühlsmuster durch Internalisation (Verinnerlichung) von sozialen Normen.“ Sozialisation zielt also auf eine Anpassungsleistung. Wir definieren also uns, in Gestalt unserer Kinder, als nicht in Ordnung, so wie wir sind. Wir sehen uns als Wesen, die geformt werden müssen, um gut in Gemeinschaft zu leben. 

Interessant dabei ist, dass dies schon seit Beginn pädagogischer Ideen und daraus abgeleiteter Erziehungsmassnahmen so gesehen wird. Dass der Ansatz nicht hält was erwartet wird, ist offensichtlich. Streit, Kriege, Feindschaften sind damit nicht verschwunden. Im Gegenteil. Mit den Waffen, die inzwischen existieren, könnten wir die gesamte Menschheit mehrmals auslöschen. Wieso erkennen wir nicht, wie sehr unser Erziehungsansatz ins Leere läuft? Oder ist er sogar der ursächliche Grund für Leid, für unsere Entfremdung von uns und unserer Mitwelt?

Wenn Kinder auf die Welt kommen, sind sie verbunden. Mit sich, mit der Welt, mit ihrer Mutter, in deren Körper sie neun Monate heranwuchsen. Sie sind vollkommen offen, wahrhaftig und voller Liebe. Es gibt an ihnen nichts zu verbessern. Wie sollte es auch? Wieso sehen wir das nicht? Nach Arno Gruen (Arno Gruen, „Der Fremde in uns“) können wir es nicht sehen, weil wir der gleichen Prozedur ausgesetzt waren, der wir jetzt unsere Kinder unterziehen. Wir wurden als Kinder zu Objekten degradiert (er nennt es: zum Opfer gemacht), und als ‚nicht-okay‘ gelabelt. 

Um die Zuwendung unserer Eltern zu uns zu erhalten, mussten wir die Teile, die sie an uns nicht wollten, abspalten. Seit wir sie in uns nicht mehr ertragen wollen, erleben wir sie im Außen. Wir sehen sie in anderen Menschen, in Tieren, in der Natur. Unser kreatives Chaos wird zur zwanghaften Ordnung der Monokulturen, zu grünen Rasenwüsten, zu steinigen Vorgärten, giftverseuchten Flüssen und Böden. Unsere Wut richtet sich auf die Tiere in Ställen und Schlachthäusern, denen wir jegliche Empfindungsfähigkeit, jedes Recht auf Freude und Freiheit absprechen. Wir sehen uns in ihnen durch die Augen unserer ersten Bezugspersonen als klein, unvollkommen, als das Objekt, das sie in uns nicht ertragen konnten. Und dann glauben wir noch, uns etwas Gutes zu tun, wenn wir ihr mit Hormonen, Medikamenten und Adrenalin verseuchtes Angstfleisch verschlingen – nein, Biohaltung macht es auch nicht besser! Stattdessen holen wir uns winzige Hündchen in die Wohnung, statten sie mit Mäntelchen und Schmuck aus, um sie dann, ganz Ausdruck unserer großen Liebe, mit Leckerlis, Törtchen und mehr, dick zu füttern, während wir unsere „Liebsten“ anschließend für teueres Geld zum Tierarzt bringen, der die Zivilisationskrankheiten der Tiere mit den wunderbaren Errungenschaften der tiermedizinischen Pharmaindustrie wieder ins Lot bringen soll. Dabei haben wir Gefühle von Selbstmitleid. Schließlich ist ja unser Liebling krank „wie soll ich ohne ihn leben“ und „teuer ist es!“. Mit Liebe hat das alles nichts zu tun. Es befriedigt im besten Fall romantische Dramagefühle, die wir an die Stelle echter Gefühle gesetzt haben. Im wahrscheinlicheren Fall lässt es uns innerlich immer leerer und starrer werden. So wie wir heute die Welt um uns, andere Menschen, letztlich uns selbst behandelt, so wurden wir behandelt. Da ist keine Willkür und kein Zufall. Wir wiederholen nur das, was uns angetan wurde.

Da stehen wir jetzt. Haben alle Gefühle, die unsere Eltern nicht bei uns ertragen konnten (da sie sie selbst abspalten mussten), nach außen projiziert und bekämpfen sie dort mit aller Macht. Genau hier ist unser Ausgangspunkt. Solange wir das nicht erkennen können, geht es nicht weiter. Wie sollen wir wissen wohin der nächste Schritt führt, wenn wir nicht wissen wo wir sind?

Daher bleiben wir erstmal hier und gehen in uns. Ganz tief und von dort noch etwas weiter nach unten. Sind wir tief genug, hören wir das Heulen und Wüten unserer Dämonen. Vielleicht gelingt es uns nach einer Weile sogar, unser eigenes  wildes und ungezähmtes Wesen darin wahrzunehmen und den darin versteckten Schrei nach Freiheit, Wahrhaftigkeit und Natürlichkeit, nach einem einfachen und sinnvollen Leben zu hören.

Ich - Du - Wir

Ein PlastikLeben in einer PlastikWelt – Teil I

Da ist keine Angst. Nicht vor Krieg, nicht vor einer Veränderung des Klimas, dem Great Reset oder welchen Ankündigungen auch immer. Was ich als Starre wahrnehme, ist mein Wegdrücken von all dem. Wenn ich die Gefühle aus dieser Ecke bewusst zulasse, ist da Ärger über die Dummheit dieser Menschen, die empathie- und gefühllos über unser aller Zukunft entscheiden wollen. Menschen, die sich an Macht wie Ertrinkende an einen Strohhalm klammern. Menschen, die unfähig sind über den Tellerrand ihres Egos zu blicken. 

Gleichzeitig steigt Mitgefühl mit ihnen in mir auf. Mitgefühl mit all den freudlosen Resten dessen, was sie Leben nennen und glauben verteidigen zu müssen. Sie sind wie leere Hüllen, in denen niemand zu Hause ist, die auf das Außen fixiert und von den Geschehnissen dort gesteuert, ihre Runden drehen, und sich dabei, Runde für Runde, weiter nach unten, in eine Dunkelheit hinein drehen, die sie doch so dringend vermeiden wollten. Diese Dunkelheit, die sie quält, die sie hinter sich lassen möchten und die sie doch nicht nur überall dabei haben, sondern die sie überall ausbreiten und daher überall vorfinden … ohne zu erkennen, dass sie nicht zwingend im Außen ist, sondern aus ihnen selbst kommt. 

Die Herausforderung für uns besteht nicht nur in den bedrohlichen Szenarien, die dadurch in der Welt entstehen, sondern besonders auch darin, dass das Dunkle bei uns andockt. Wir alle haben Bereiche in uns, die wir vermeiden möchten, Bereiche, in die wir nicht zurück wollen. Schreckensszenarien draußen, können Schreck besetzte Erinnerungen in uns aktivieren. Angst, Wut, Verzweiflung kann in uns aufsteigen und die Verbindung des Dunklen im Außen und Inneren kann uns ein Gefühl der Hilflosigkeit geben.

Was hilft ist atmen. Tiefes atmen. Man kann nicht gleichzeitig bewusst tief atmen und Angst haben. Atmen, spüren wie die Angst weicht und weiter atmen. Atmen, spüren wie Ruhe einkehrt und weiter atmen. Atmen, spüren wie Kopf, Herz und Intuition sich verbinden. Wie aus Getrenntem wieder eine Einheit entsteht.