Wir alle sind Natur

[ …] Besser als dich vor deinem Tod zu verstecken oder deine Angst davor zu unterdrücken, ist es, deinen Tod zu umarmen. Es wird dir helfen.

KIM: Wieso denn?

THOMAS: Weil es dich dazu bringt, dich zu zeigen. Gerade weil du dir der Grenzen des Lebens bewusst bist, musst du zwangsweise hervorbringen, was in dir ist; dies ist die einzige Zeitspanne, die dir zur Verfügung steht, um dich zu zeigen. Du kannst dich nicht zurückhalten oder in einer Höhle verstecken, du kannst deine Zeit nicht mit einer bedeutungslosen Arbeit vergeuden und dein Leben mit Trivialitäten vollstopfen – die Dramatik der kosmischen Geschichte würde das nicht zulassen. Den größten Nachdruck legt das Leben darauf, dass du dich auf das Abenteuer einlässt, dich selbst zu erschaffen. Jeder Augenblick deines Lebens trägt unendliche Bedeutung in sich; alles ruht nun auf deiner schöpferischen Kraft, dich selbst zu formen, denn aus dir heraus kommt die höchste Wirklichkeit. Die Kräfte, die die Sterne formten, sind nun in deinem Selbst-Bewusstsein, und sie schaffen für dich dein ureigenes und freiheitliches Abenteuer, deine Überraschung für das Universum.

Ja, der Tod ist erschreckend. Spiel das nicht herunter, Versuch nicht, ihn zu verharmlosen oder deine kümmerlichen Vorstellungen auf ihn zu projizieren. Gebrauche stattdessen das Bewusstsein deines Todes als Licht oder Treibstoff: als geheimen Führer, der dich in die unbekannten und geheimnisvollen Höhlen deines Ichs führt, damit du ans Licht bringen kannst, was du wirklich bist. Deine Kreativität braucht dein Todesbewusstsein, um Energie frei setzen zu können, genau wie deine Muskeln ausdauerndes und schmerzhaftes Training brauchen. Würdige dein Todesbewusstsein als Geschenk des Universums an dich. Wenn dir dieser Weg, den unendlichen Wert jedes Augenblicks zu sehen, nicht gegeben wäre – was sonst würde dich dazu bringen, dein Leben zu leben?

Das Aufregende gerade an unserer Zeit ist die drohende Vision unseres Todes als Spezies, unseres ganzen Planeten. Sicher, das ist Angst einflößend, schrecklich und entsetzlich. Doch gerade diese Erkenntnis birgt die Macht, unsere tiefsten Reichtümer freizusetzen. Wir können nicht mehr länger mit unserem bisherigen Weltbild leben. Wir wissen, dass wir etwas zu tun haben, dass wir etwas verändern und neu schaffen müssen, und zwar in der grundsätzlichen Sicht der Dinge. Die erschreckende Vision einer erloschenen Erde ist psychische Nahrung für die menschliche Spezies. Sie versorgt uns mit der Energie, die wir benötigen, um uns selbst als Kopf und Herz unseres Planeten neu zu erfinden. Wir unternehmen gerade die ersten Schritte hinein in die planetarische und kosmische Dimension des Lebens, indem wir unser anthropozentrisches modernes Zeitalter verlassen, um in das erwachende kosmozentrische Universum einzutauchen.

KIM: Aber was heißt das, Kopf und Herz unseres Planeten zu werden?

THOMAS: Das heißt, dass wir uns in unserem Leben bewusst werden müssen, dass sich die Kräfte, die die Erde schufen, durch uns ihrer selbst bewusst werden. Aus diesem Grund reden wir über den Nachthimmel, das Meer und das Land. Sie alle enthüllen kosmische Kräfte, die wir haben und zu denen wir werden sollen. Wir sollen als Verlockung und Erinnerung leben, als funkelnde Sensibilität. Und das ist mit der kosmischen Dynamik gemeint, die durch die verschiedenen Lebensformen offenbar wird: Überraschung und Abenteuer. Nenn es ein Spiel – ein Spiel voller Abenteuer und Überraschungen. Das ist es, was das Leben offenbart – das ist das Leben.

Das Universum ist ein grüner Drache, Brian Swimme

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