Trauma und transgenerationale Übertragung

„Das meiste menschliche Leid auf diesem Planeten rührt nicht von äußeren Schicksalsschlägen wie Unfällen und Naturkatastrophen her, sondern ist von Menschen selbst gemacht. Menschelhandel und Arbeit in Ausbeuterbetrieben, politische und häusliche Gewalt, Rassismus, Gewalt zwischen den Geschlechtern, Armut und Krieg – das alles hängt mit unseren Institutionen, unseren Wahrnehmungen, und unseren Narrativen zusammen. Diese Narrative sind aus Traumata entstanden und erzeugen neue Traumata.

Hierin besteht eine Verbindung zwischen wirtschaftlicher Gerechtigkeit und der Umwelt. Wir werden unsere Mitgeschöpfe weiter missbrauchen, sogar unsere eigene Mutter Erde, solange wir ungeheilte soziale Traumata mit uns herumtragen. Das bedeutet nicht, dass wir zuerst unsere Traumata heilen sollen, bevor wir versuchen, die Umwelt zu heilen. Es geht darum zu erkennen, dass soziale Heilung und ökologische Heilung zusammen gehören. Weder das eine noch das andere ist wichtiger; keines kann ohne das andere gelingen.

Nach dem Ursache-Wirkungs-Prinzip des Interbeing – der morphischen Resonanz – ist es leicht zu verstehen, dass eine Gesellschaft, die ihre verletzlichsten Mitglieder ausbeutet und missbraucht, auch die Natur ausbeutet und missbraucht. Wo man sich um verletzliche Menschen sorgt, entsteht ein Feld der Fürsorge, das es leichter macht, sich auch um andere verletzliche Wesen zu kümmern. Eine fürsorgliche Gesellschaft ist eine, in der es selbstverständlich ist zu fragen: “Wen haben wir vergessen? Wer leidet? Wessen Potential haben wir nicht erkannt? Wessen Bedürfnisse haben wir nicht berücksichtigt?“ Das sind Leitfragen, sowohl für eine ökologische Gesellschaft, als auch für eine gerechtere Gesellschaft.“

Charles Eisenstein, “Klima. Eine neue Perspektive.“

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