Ich - Du - Wir

Was ist Leben? Sicherheit? Oder Freiheit? 

Wenn wir geboren werden, ist alles  noch offen. Unsere „Hardware“ schreibt uns nicht vor wie und wo wir leben sollen. Wenn wir geboren werden, sind wir bereit für das Abenteuer des Lebens. Mit schlafwandlerischer Sicherheit passen wir uns allem an, was wir vorfinden. Wir sind offen, voller Neugier und wollen alles geben, bringen jeden Einsatz, um den Traum „Leben“ für uns zu  verwirklichen. 

Dazu folgen wir unseren Instinkten, binden uns, folgen unseren Autonomiebestrebungen und erkunden die Welt, die wir vorfinden. Werden wir gezwungen uns zu entscheiden, entscheiden wir uns. Zu Beginn immer für die Bindung. 

Die ersten Jahre können Kinder nur überleben, wenn sie es schaffen aktiv eine Bindung zu anderen aufzubauen. Im Idealfall führt die Mutter die schon während der Schwangerschaft entstandene Bindung fort und wird von anderen Erwachsenen und/oder Kindern/Jugendlichen dabei unterstützt, ein familiäres Nest zu bauen, in dem der Säugling alles bekommt, was er für seine körperliche, geistige und seelische Entwicklung benötigt. 

Seit einigen Jahrzehnten scheint der Bindungsaufbau oft gut zu gelingen. Die größere Herausforderung für Eltern liegt eher darin, das Kind in seinem Wunsch nach Autonomie zu unterstützen. Ursache dafür können Ängste oder Schuldgefühle bei den Eltern sein. Bewusst oder unbewusst. Dadurch entwickelt sich leicht ein starkes Bedürfnis nach Sicherheit, sowohl für sich, als auch für ihr Kind. In einer Gesellschaft, die -von außen betrachtet- Sicherheit über Lebendigkeit stellt, kann daraus ein starkes Bedürfnis nach Kontrolle entstehen. Diese bezieht sich sowohl auf das aktuelle Geschehen im Leben des Kindes, als auch auf seine Zukunft. Im Umgang mit dem Kind wird Sicherheit dann als Non-plus-Ultra betrachtet. Weit wichtiger als die dringende Notwendigkeit des Kindes eigene Erfahrungen zu machen. Sicherheit wird zum äußeren Ausdruck von Liebe. Einer Liebe, die sich nicht an gut ausgebildeten Instinkten der Eltern misst, sondern dem eigenen Erleben in der Kindheit und dem Zeitgeist geschuldet ist. 

Besonders Eltern, die schon für sich entschieden haben, dass Glück mit materieller Sicherheit gleichzusetzen ist sind betroffen. Eine Entscheidung, die aus Angst geboren wird. 

Das eigene Lebendige wird erstmal hinten an gestellt, irgendwann vergessen und sucht sich seinen Ausdruck dann in anderen Formen. Ebenso wird das Lebendige im Kind als unerwünscht gelabelt. Es soll möglichst viel Zeit unter der Aufsicht Erwachsener verbringen. Im Kindergarten, der Schule oder in einer strukturierten Freizeit. Und natürlich soll das Kind zufrieden sein. Was schon auch bedeuten kann es über Stunden vor High Tec Geräten zu parken. Sind die aktuelle Sicherheit und -über entsprechende Noten- die zukünftige Sicherheit möglichst gewährleistet, fühlen sich die Erwachsenen entlastet. 

Man könnte tiefer gehen und fragen „Ist das dann noch Leben?“ Denn lebendig sein bedeutet sich dem Strom des Lebens zu stellen. Das Leben zu nehmen, wie es kommt und ihm keinen Widerstand entgegen zu setzen. Die Sucht nach Sicherheit entsteht erst, wenn ich das Risiko aus dem Abenteuer eliminieren möchte und nicht merke, dass dann auch das Abenteuer verschwindet. Leben ist eben keine Balance zwischen Sicherheit und Freiheit. Sicherheit ist die Antwort des kleinen Egos auf nicht verarbeitete Traumata. Freiheit ist ein Ziel auf der Reise, das durch Angst nicht erreicht werden kann.

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