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Zeitenwende

Zeitenwende

Neubeginn

Heute haben wir Neumond. Zeit für einen Neubeginn. Zeit nach vorne zu schauen und loszugehen.

Zeit, dass wir unser Opfer-Sein beenden. Keine weiteren Videos schauen, die, in einem anderen Kleid, uns wieder und wieder zeigen wie böse die Welt da draußen ist, wie ungerecht und welche bösen Menschen all das geplant und gewollt haben. 

Es wird Zeit zu erkennen, dass wir und nur wir, unser Leben gestalten. Dazu ist es wichtig die inneren Strategien zu erkunden, unsere tief eingeschliffenen Muster zu erkennen und uns einzugestehen, dass wir oft nur eines wollen, nämlich Kontrolle.

Und genau die, gilt es loszulassen. 

Das haben wir doch schon so oft gehört: Lass es los! Ja prima. Gute Idee. Aber wie, bitteschön, geht das? Wie lasse ich etwas los, das mir so vertraut ist, wie meine Haut, meine Haare, mein Gesicht? Wie lasse ich los, was mir so gute Dienste geleistet hat? Als Kind hat es mir das Überleben gesichert. Immer wenn meine Kontrolle größer wurde, wurde ich geliebt: Wenn ich Dinge gezielt greifen konnte, als ich nicht mehr in die Hosen machte, wenn ich kluge Sprüche von mir gab, von denen ich wusste, dass meine Erwachsenen sie bejahen. Wenn ich ruhig sitzen konnte und nur dann sprach, wenn es erlaubt war – eben nicht während des Unterrichts! Geliebt wurde ich meist nur, wenn ich meine Bedürfnisse zu Gunsten der Bedürfnisse oder der jeweiligen Wertvorstellungen anderer oder der Gesellschaft aufgab. 

Und ja, wir alle haben Bedürfnisse aufgegeben. Wir haben sie ersetzt durch fremde Ideen wie wir sein und uns verhalten sollen. Das kleine Mädchen, der kleine Junge, die wir mal waren, haben sich selbst gebogen und geformt und ausgerichtet, nach den Prinzipien, die Liebe und Nähe und Verbindung versprachen.

Wie können wir diese Prinzipien loslassen? Das funktioniert nur über Bewusstwerdung. Sprich, um eingefahrene Muster zu verlassen, müssen wir zuerst erkennen, dass wir sie haben. Das geschieht über Beobachtung unseres Verhaltens und anfangs oft nur im Nachhinein. Hinweise darauf, dass ich in meinen Strategien gehandelt habe, geben mir zum Beispiel meine Gefühle. Sind sie angemessen? Oder passen sie nicht zur aktuellen Situation? Beschäftigt mich eine Situation noch, nachdem sie schon längst vorüber ist? 

Immer dann, wenn ich ein ungutes Gefühl spüre, treffen in meinem Inneren zwei Werte aufeinander. Ich treffe zum Beispiel jemanden und fühle mich unsicher. Da stehen sich innere Anteile von gemocht werden und mein ursprüngliches Bedürfnis, einfach ich zu sein, gegenüber. In der unbewussten Kontrolle wird sich vielleicht mein Atem verändern, mein Muskeltonus, mein Stoffwechsel, etc.
Spüre ich meinen Körper, können solche Veränderungen ein guter Einstieg sein. Ich nehme wahr und gebe dem Körpergefühl in mir Raum. Oder ich nehme auch auf der kognitiven Ebene wahr und erkenne die inneren Erwartungen. Vielleicht fällt mir sogar eine dahinter stehende Situation ein. Dieses Wahrnehmen bringt mich an einen Punkt der Nicht-Reaktion und damit aus dem Muster heraus. Dies ist der Platz, um Entscheidungen zu treffen. Wie möchte ich mich verhalten? In welche Strategie gehe ich? Mache ich mich weiter klein? Oder zeige ich wie toll, wie taff oder was für ein Überflieger ich bin, wie ich funkeln und strahlen kann? Oder wie mitfühlend und empathisch ich doch bin? All das gehört zu den Schubladen, die wir uns im Laufe unseres Lebens geschaffen haben, um die Kontrolle zu behalten und uns sicher zu fühlen.

Oder wage ich etwas ganz neues und zeige mich genauso, wie ich jetzt bin? Vielleicht spreche ich aus, wie ich mich fühle. Oder welche Erwartungen ich innerlich an mich, oder auch an mein Gegenüber habe. Das bedeutet loslassen. Es ist nichts Großes. Es sind die vielen kleinen Entscheidungen, die ich tagtäglich treffe.

Die Frage ist, will ich weiter in Strategien leben oder will ich mein Leben wagen? 

Aus dem Loslassen entsteht Raum. Raum für Lebendigkeit, für neue Erfahrungen. Raum, den ich benötige, damit meine Ängste sich zeigen können. Raum, um eine innere Ruhe zu erleben, die es mir möglich macht, ein, zwei Schritte zurück zu treten und mich umzuschauen. Und natürlich auch Raum, um zu erfahren, was ich denn möchte. Was sind meine Bedürfnisse, genau jetzt in diesem Moment? Was hält mich davon ab sie zu äußern, zu leben? 

Dann zeigt sich unser Weg. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass jeder und jede von uns weiß, wie wir sein und leben möchten. Welche Werte wir verkörpern möchten, welchem Stern wir folgen möchten. Die Hinduisten nennen es Dharma. Die göttliche, unveränderliche Ordnung, die sich in unserem individuellen Lebensweg widerspiegelt. Und sie sagen, es sei ein Zeichen, dass wir auf dem Weg unseres Dharma sind, wenn es sich ein wenig riskant anfühle. 

Unser Leben liegt nicht in der Sicherheit. Es liegt in der Freiheit unserem Herzen zu folgen. Das ins Leben zu bringen, was nur wir in die Welt bringen können. Dann lassen wir unser Licht strahlen und nehmen den Platz ein, der unser Platz ist. Und dies kann nicht geschehen, wenn wir kontrollieren wollen. Kontrolle ist das Gegenteil von Vertrauen. Dem Vertrauen, dass wir alles was kommt, wirklich alles, werden händeln können. 

Welchen Weg wählen wir? Welchen Neubeginn wollen wir? Im Moment ist eine gute Zeit für einen neuen Start. Aber wir müssen uns dafür entscheiden. Die Dinge einfach laufen zu lassen, unser Opfer-Sein zu kultivieren, kostet Kraft. Wir entscheiden, was wir nähren. Nähren wir die alte Wunde oder setzen wir uns für neue Werte, für Kontakt aus dem Herzen, für liebende Beziehungen und eine Welt mit wenig Kontrolle ein? Wie möchten wir leben? Wie sollen unsere Kinder und Enkel aufwachsen?
Oder wie meine Freundin Claudia zu sagen pflegte “Entscheide dich oder für dich wird entschieden!“.

Mother nature
Zeitenwende

Die Engel der Veränderung ziehen über das Land 

Ein Lied aus der Nacht

Eine fast schlaflose Nacht. Unser Austausch in der Tempelgruppe gestern. Der Schock sitzt tief in meinen Eingeweiden. Wo sollte er auch sonst sitzen, außer dort, wo ich eingeweiht bin. Mich selbst eingeweiht habe. In zwei langen Jahren. Zwei Jahre sind es schon. Zwei Jahre voller Hoffen und Bangen. Zwei Jahre, in denen die Engel der Veränderung über die Erde ziehen. Zwei Jahre des erzwungenen intensiven Lernens. Zwei Jahre tiefer Einblicke in Bereiche, von denen ich nicht wusste, dass sie existieren. Und es eigentlich auch nicht wissen wollte. Zwei Jahre Ent-Täuschung. Enttäuschung, die tiefer geht und größer ist, als ich es mir je hätte vorstellen können. Zwei Jahre, in denen ich neue Informationen aufnahm, prüfte, wieder verwarf, die Essenz daraus eliminierte, mich vertraut machte, in die Welt hinaus rief, zum Schweigen gebracht wurde, neue Wege suchte,  mich selbst zum Schweigen brachte, mitnehmen wollte, gegen Mauern rannte, in Dornengebüsch fiel, mir Hände und Gesicht zerkratzte …

… Freunde verlor … 

… zuerst nur in der inneren Wahrnehmung, der ich nicht glauben wollte, in die ich mich flüchtete, wieder verstieß, mich daran festhielt, heulend, schreiend, nicht fühlen, nicht spüren, nicht seien wollend. Um dann aufzugeben. Nachzulassen. Mich auf meinen Knien wiederfindend. Gewaschen, gespült, geschleudert. 

Ausgewrungen.

Wer bin ich? Nicht mehr die, die ich mal war. 

Das gehört so. Das ist normal. Change is a constant process, stability is an illusion. Seit 20 Jahren begleitet mich dieser Ausspruch von Insoo Kim Berg. Nie erschien er mir so wahr wie in dieser Zeit der Wirrungen und Weigerungen. Der unglaublichen Auswirkungen. 

Die Engel der Veränderung ziehen über das Land. 

Die Kluft ist so groß. Ich kann sie nicht mehr überbrücken. Ich sehe sie und inzwischen achte ich sie. Ist sie doch nicht nur Ausdruck unseres Auseinanderdriftens, sondern auch tiefe Achtung für meinen bisherigen Weg. Ihr geht eueren Weg, ich meinen. Haben wir diese Wege gewählt? Eine Frage, die ich nicht beantworten kann; oder möchte ich es nicht? 

Du stehst dort drüben, ich hier. Du wirkst klein, so weit von mir entfernt. Mein Herz ist warm und offen. Meine Liebe begleitet dich auf deinem Weg. Ich akzeptiere, dass es für dich die gleiche Anstrengung wäre diese tiefe Schlucht zu überwinden, wie für mich. 

Ich akzeptiere, dass die Schlucht, hier, an dieser Stelle, nicht überwunden werden kann. 

Ich ehre die Schlucht zwischen uns. 

Ich verbeuge mich tief. 

Dezember 2021

Zeitenwende

Oberflächengekräusel

Wo will ich hin? Welche Entscheidungen soll ich treffen? 

Ich sehe keine Veränderungen, nur Oberflächengekräusel. 

Was ich sehe? Dass sie die Leine mal kürzer, mal länger lassen. Dass mit großem Hin und Her versucht wird, uns zu verwirren. Dass uns Karotten vor die Nase gehängt werden, denen wir nachjagen sollen. Dass Ängste geschürt werden. Dass Familien gespalten werden. Dass Freundschaften zerbrechen. Dass die meisten Menschen, die ich kenne und treffe, einen hohen Stresslevel haben. 

Drei Schritte vor, zwei zurück, Ausfallschritt, einen zur Seite … Ein Tanz ohne feste Schrittfolge. Zu einer Musik, die Rhythmus und Melodie ändert. Unter allem ein tiefer Bass, der Unheil verkündet. 

Ja, natürlich ist es richtig: da beschreibt ein Mainstreamjournalist tatsächlich mal die Realität. Da macht ein Politiker den Wendehals und fordert das Gegenteil von dem, was er zuvor wollte. Da tun sich ein paar Ärzte oder Juristen zusammen und verfassen einen öffentlichen Brief. Mainstreamsender greifen Themen auf, die sie zuvor als Fake und unsolidarisch bezeichnet haben. 

Tatsächlich kann ich das nicht mehr ernst nehmen. In meinem Erleben geht das seit Beginn der Krise so. Und sogar, wenn ich die Inhalte ernst nähme, die selbsternannten Verkünder von „der anderen Seite“ kann ich nur mit tiefem Misstrauen betrachten. So „leichtgläubig“ ich bis 2020 unserer Politik gegenüber war, aktuell gibt es nichts mehr, was ich einfach so glaube und hinnehme. Zwei Jahre lang wurde die Realität verdreht, die Wahrheit verbogen, wurden Menschen belogen, weggesperrt, geängstigt, körperlich verletzt, getötet … 

Es gibt nichts, das aus dieser Ecke kommt und mir auch nur ein Quentschen Vertrauen vermitteln könnte. Ich glaube nicht daran, dass Änderung geschieht ohne Aufdeckung, Eingeständnis, Reue und Leid über schreckliche Fehler, die gemacht wurden. 

Menschen ändern sich nicht ohne Betroffenheit. Bewusst gespürte Betroffenheit.

Das wäre Veränderung in der Tiefe. Aus der Tiefe heraus.

All das sehe ich nicht. 

Nur Oberflächengekräusel.

Das gilt auch für uns. Es ist wichtig, die Realität wahrzunehmen. Genau hinzuschauen. Was sehe ich? Was nehme ich wahr? Was möchte ich sehen? Was möchte ich nicht sehen? Und ja, deine Realität ist eine andere als meine. Unsere Realitäten sind gefärbt durch unsere Filter, unsere Erfahrungen, unser gelebtes Leben. Und das ist wunderbar so. Es schafft Diversität. 

Wenn wir uns unserer Realität nicht stellen, wenn wir glauben bestimmte Muster nicht mehr aushalten, ertragen zu können, wenn wir etwas so sehr wünschen, dass wir Macht ausüben, um es herbei zu zwingen, dann ist das Macht gegen uns, oft auch gegen andere. Wir wiederholen, was uns angetan wurde. 

Stattdessen könnten wir, zuerst vielleicht nur eine Zehenspitze, in den Strom des Lebens tauchen. Wir könnten austesten, wie es sich anfühlt, unsere sicheren Muster zu verlassen und uns dem Leben anzuvertrauen. Wir könnten unseren Wunsch nach Sicherheit, unsere Angst vor Ausgrenzung wahrnehmen. Und uns einlassen. Ausprobieren wie es sich anfühlt einen Schritt in die Freiheit zu tun. Die Freiheit in der Gegenwart zu sein und offen auf das zu reagieren, was sich zeigt. 

Ja, die Muster und Strategien haben uns Dienste geleistet. Als wir klein waren, haben sie uns geschützt und wir haben vielleicht nicht gemerkt, dass wir diese alten Kleider immer noch tragen. Haben uns an die Spannung über der Brust gewöhnt, der Druck auf der Hüfte ist uns so vertraut, dass wir glauben, er gehöre zu uns. 

Das alles gehört zu unseren Realitäten. Wir können nur ändern, was wir bewusst wahrnehmen. Die bewusste Wahrnehmung führt uns zu dem Punkt, an dem wir eine Entscheidung treffen können. Ohne diesen Punkt, diese Unterbrechung, rutschen wir in alte Muster und handeln in vorgeformter Weise. Wir verpassen die Gegenwart. Den einzigen Moment, an dem das Leben sich entfalten kann, an dem wir leben können. 

Lasst uns wild und frei und ungezähmt in eine offene und weite Zukunft gehen. Wir sind hier, um das Instrument der Freiheit zu spielen.  Ganz und gar und im Moment und aus der Tiefe unseres Seins.

Zeitenwende

Gedanken zu Václav Havel

Gedanken zu Václav Havel: „Wenn der Hauptpfeiler des Systems das Leben in der Lüge ist, dann ist es nicht überraschend, dass die grundlegende Bedrohung des Systems das Leben in der Wahrheit ist.“ 

Aus: Václav Havel, „Vom Versuch, in der Wahrheit zu leben.“

Wie könnte es aussehen, nicht zuzulassen, dass eine totalitäre Politik Einfluss auf mein Leben nimmt?

Sich nicht hineinziehen lassen in das Narrativ kann unterschiedlichen Motivationen entspringen.

Es kann auf Desinteresse beruhen, auf Widerstand oder auf Interesse am eigenen Leben.

Habe ich kein Interesse, fällt es mir leicht mich nicht hinein ziehen zu lassen. Ein Beispiel auf Covid bezogen, wäre der Einsiedler in der Höhle im Himalaya, der nur an seiner spirituellen Entwicklung interessiert ist. Er wird weder von den Maßnahmen tangiert, noch fühlt er sich vom Virus bedroht.

Widerstand speist sich aus dem Geschehen selbst. Widerstand vertritt eine Meinung, die auf der Meinung dessen beruht, dem ich Widerstand entgegen setzen möchte. Quasi eine Anti-Meinung. Sie ist häufig eine erste Reaktion auf eine Meinung, die nicht meiner inneren Wahrheit entspricht. Bleibe ich im Widerstand hängen, wird keine Entwicklung stattfinden. Entwicklung braucht ein Ziel, eine Vision, einen Ort, der sich nach mir sehnt, dem meine Sehnsucht gilt. Sie ist ein Prozess, in dem ich Schritte machen kann. Widerstand ist wie Tauziehen. Er hält mich an dem Platz fest, an dem das existiert, was mir nicht entspricht. 

Leitet mich mein Leben, meine Visionen, meine Vorstellungen, ist es wahrscheinlich, dass ich mich schon lange damit beschäftigt habe, wie und weshalb ich mein Leben auf genau diese Weise lebe. Ich habe mich mit der Welt im Außen, aber auch mit meiner inneren Welt auseinandergesetzt. Wahrscheinlich habe ich mir mein Inneres angeeignet, weiß, dass meine Gefühle mein Ausdruck sind, ebenso meine Gedanken. Mir ist wohl auch klar, dass dies der Bereich ist, in dem ich Verantwortung übernehmen kann. Hier habe ich Einfluss. Hier ist der Ort wahrhafter Freiheit. Ich entscheide welche Ansichten und Meinungen ich mir zu eigen mache. Wem ich erlaube diesen heiligen.inneren.bewussten.Ort zu erreichen. Das Außen ist das Außen und Innen ist Innen. Dazwischen existiert eine Grenze, ein Filter, eine Tür. An dieser Grenze trennen wir nach bewusst und unbewusst. Einzig und allein ich entscheide, was in mein Bewusstsein fließt. Welchen Ideen ich Energie gebe. Pro Sekunde setzt sich unser Gehirn mit etwa 11 Millionen Sinneseindrücken auseinander. Davon nehmen wir circa 40 bewusst wahr. Das Leben ist so enorm und unüberschaubar vielfältig, das Außen zu filtern, ein unbewusster und angeborener Prozess, der es uns erlaubt unseren individuellen Standpunkt einzunehmen. Und es ist der Punkt, an dem persönliche Freiheit beginnt. Meine Entscheidung, womit ich mich beschäftige. Aber auch der Punkt, ab dem ich meine Meinung vom Kollektiv bestimmen lassen kann. Es liegt an mir.

In Krisenzeiten ist es für uns alle schwieriger die einprasselnden Eindrücke zu verarbeiten. Die Krise definiert sich unter anderem dadurch, dass ich nicht weiß, was auf mich zukommt. Ich habe keine Erfahrung damit, kenne die Parameter nicht. Also möchte ich Informationen sammeln, mehr erfahren, auch, um mich oder die, die ich liebe, schützen zu können, so das nötig wird. Dazu muss ich mich, über meine bisherigen Grenzen hinaus, weiten und eine größere Informationsmenge bewusst aufnehmen.

Besteht die Krise länger, kann ich die Offenheit nur begrenzt beibehalten. Diese Öffnung ins Außen fordert meine bisherigen Muster und Strategien heraus. Entweder kann ich die neuen Informationen darin unterbringen oder ich muss nach einem Weg suchen, mich mit ihnen vertraut zu machen. 

Während der Krise kann es sein – oder ist es wahrscheinlich -, dass ich mehrfach die Stufen von Desinteresse und Widerstand durchlaufe, bis ich zu dem Punkt zurückkehre, mich wieder auf das zu berufen, was ich in diesem Leben wirklich möchte. Dies wird aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mit dem übereinstimmen, was mich vor der Krise motiviert hat. Denn inzwischen habe ich mich gedehnt und geweitet.

Was also ist meine Wahrheit? Wahrheit muss per se immer prozesshaft sein. Nimmt sie sich aus dem Prozess des Erkennens, erstarrt sie zu einem Muster, einer Strategie. Wahrheit ist die lebendige Antwort auf die Einladungen und Entwicklungen im Außen. Somit ist Wahrheit Lebendigkeit. Beide sind nicht voneinander zu trennen.

Der Lüge des Systems meine Wahrheit entgegenzusetzen, meint dann, im lebendigen Moment des Jetzt fließend, die Antwort zu erspüren und mich und die Welt damit zu überraschen.

Zeitenwende

Stellungskrieg

Wir liegen in den Schützengräben eines gefrorenen Krieges. Verteidiger nicht kompatibler Welten. Eis auf unseren Herzen. 

Doch darunter – der heiße Atem des Drachen. Leidenschaft und Wut und brennendes Verlangen. Der Wunsch nach Kampf. Dem Toben in uns einen Aus.Druck geben wollen.

Spüren und doch nicht spüren wollen.

Brennen und doch nicht brennen wollen.

Erstarrung und doch nicht erstarrt sein wollen.

Kein Weg. Kein Land. Kein Vater … Kein Herz. Keine Sprache. Keine Mutter …

Die Tore geöffnet. Der Feind hat unsere Herzen überrannt. Was bleibt noch zu verteidigen? Wir stehen am Portal des Nordens. Die Eiswüste liegt vor uns. Wir sind gerüstet. Doch wofür?

Zeitenwende

Spaltung in einer spaltenden Gesellschaft  oder „Mach dich nicht so groß, so klein bist du gar nicht“

… eine Hypothese …

Wir neigen dazu die Ursachen für Probleme bei uns zu suchen. So, als existierten wir im luftleeren Raum. Oder wir schreiben sie anderen zu und sehen unseren Anteil nicht. 

Dazu kommt, dass wir, haben wir erst mal ein „Problem“ ausgemacht, dieses sofort verändern möchten. Probleme erleben wir als Fehler des Lebens, die korrigiert werden müssen. Und schon suchen wir eine Lösung. 

Beides ist Teil eines Mechanismus unseres kleinen Verstandes, der uns das Gefühl gibt, Kontrolle über unser Leben zu haben. 

Wir alle haben in der Kindheit Kontrollverluste erlebt. Damals hat es uns hilflos gemacht, bis hin zur Bedrohung unserer Existenz. Gefühle, die wir nicht wieder erleben möchten. Die uns so erschreckt haben, dass wir heute nicht einmal die Ahnung eines Kontrollverlustes haben möchten, so wir ihn nicht selbst herbeigeführt haben und uns dadurch die Illusion von Kontrolle zu bewahren suchten. Die meisten von uns haben Bereiche, in denen sie weniger Kontrolle brauchen und solche mit hoher Kontrolle.

Die aktuelle Situation bringt, je nach der Art, wie wir leben, mehr oder weniger starke Kontrollverluste mit sich. Habe ich mich bisher über das Leben im Außen (Theater, Konzerte, Sportveranstaltungen etc.) oder meine Rolle in der Gemeinschaft definiert, werde ich wahrscheinlich mehr auf mich zurück geworfen, als ein eher introvertierter Mensch, der seinen Wunsch nach Gemeinschaft weiterhin beruflich leben kann. War ich bisher eher außenorientiert, werde ich mich auch jetzt mehr daran orientieren, was meine Mitmenschen sagen oder vielleicht auch nur denken könnten. Es sieht so aus, als hätten es die Menschen leichter, die schon bisher gut zu ihrer Wahrheit stehen konnten und dies als stabiles Rückgrat ihrer Welt erlebten.

Ich möchte damit nicht sagen, dass sich hier die beiden Seiten der so oft beschworenen Spaltung der Gesellschaft zeigen. Es geht mir vielmehr um Tendenzen im Innen wie im Außen und darum, erkennen zu können, wo ich in Glaubenssätzen feststecke, die mir nicht bewusst sind. Nur über Bewusstheit kann ich einen Punkt erreichen, an dem ich eine Entscheidung treffen kann. Ohne diese bewusste Entscheidung rutsche ich in alte Muster, einfach weil sie mir sehr vertraut sind. 

Je mehr Kontrollverlust ich verspüre, desto unangenehmer ist mir die Situation und ich möchte eine Veränderung herbeiführen. Ich habe also ein Problem definiert und möchte jetzt schnellstmöglich zu einer Lösung kommen, weil ich annehme, mich dann wieder besser zu fühlen. Dem liegt die Bewertung zugrunde, dass es gute und schlechte Gefühle gäbe, die Guten zu suchen und die Schlechten zu vermeiden seien. Das könnte man als kulturelle Annahme oder Voreinstellung formulieren. Ganz waghalsig könnten wir eine Perspektive einnehmen, die sich jenseits dieser Annahme befindet. Zum Beispiel „Es gibt keine guten und schlechten Gefühle. Alle Gefühle können uns etwas über uns erzählen.“ 

Nun haben wir eine Basis, auf der wir jegliche Gefühle ohne Bewertung betrachten können. Angenommen, wir wären fähig alles was auftaucht mit einer offenen und freundlichen Neugier zu betrachten, dann wäre es nicht nötig etwas ändern zu wollen. Es ginge vielmehr darum, mit dem, was da ist, in Kontakt zu kommen. Also – wenn wir die Falle der Bewertung verlassen, beenden wir den Krieg, der in uns läuft. Den Krieg, bestimmte Aspekte in mir abzuwerten und sie los werden zu wollen. Stattdessen gehe ich in mich, erkunde was da ist, nehme es freundlich wahr und bringe ihm Neugier entgegen. Mehr nicht. Kein Wunsch zu verändern. Kein Wunsch nach einer Lösung. Mit dieser Haltung sage ich mir, meinem System, alles ist in Ordnung, so wie es ist. Friede. 

Und Verantwortung. Meine Bewertung im Innen ist automatisch mit einer Bewertung im Außen verbunden. Alles was ich in mir nicht wahrnehmen, nicht haben möchte, also alle, als „schlecht“ gekennzeichneten Gefühle, projiziere ich auf ein geeignetes Außen. Dort kann ich sie dann verurteilen, abwerten, was auch immer. Und dann suche ich nach einer „Lösung“ dafür. Alles da draußen!

Lasse ich die Spaltung in mir nicht zu, übernehme ich Verantwortung für alle meine Gefühle. Es ist nicht mehr nötig sie nach draußen zu projizieren, um sie dort abzuwerten. 

Die Spaltung im Außen ist demnach also die Projektion einer inneren Spaltung. Zumindest, wenn wir bereit sind, unter die Oberfläche zu schauen. Dann können wir unseren Teil der Verantwortung übernehmen und in uns lösen, statt andere für ihr Handeln oder eben auch Nicht-Handeln, abzulehnen. Wir können dann auch aufhören darauf zu warten, dass irgendwer oder irgendwas uns rettet. Wir tun was wir können und wollen. Außerdem erkennen wir die Idee, die Welt (oder zumindest unseren kleinen Teil davon) retten zu wollen, als Teil des Dramas (oder wie in Matrix, als Teil des Programms). 

Also: Mach dich nicht so groß, so klein bist du gar nicht. Oder: Mach dich nicht so klein, denn so groß bist du gar nicht.

Die Spaltung innerhalb der Gesellschaft ist Ausdruck unserer inneren Trennung. Der Trennung von Körper, Verstand und Seele. Die Überbetonung des Verstandes spiegelt sich in der Überbewertung der Wissenschaft. Der normale Mensch wird zum Körper, der Wissenschaftler zum Verstand. Die Seele ist in unserer Gesellschaft nebensächlich, wurden jegliche Rechte an ihr doch schon mit Beginn der Neuzeit der Kirche überantwortet.

Der Körper wird behandelt, wie der Verstand es entscheidet. Ohne Mitspracherecht. Es herrscht keine gleichberechtigte Beziehung, sondern eine Hierarchie oder politisch, eine totalitäre Diktatur. 
Könnte die Seele ihren Platz im Menschen, in der Gesellschaft einnehmen, wäre ein grundsätzliches natürliches Gleichgewicht vorhanden.

Während der gesamten Zeit des Patriarchats (also seit circa 5000 Jahren), haben wir mehr und mehr verlernt der Intelligenz unseres Körpers zu vertrauen. Wir sind von unserer Intuition abgerückt, haben sie teilweise verleugnet und dem kleinen Verstand immer mehr überlassen (aufgebürdet?). Wie ein Kind, das die Elternrolle übernimmt, war und ist er massiv überfordert. Allerdings nicht, ohne Strategien zu entwickeln, die diese Überforderung verschleiern und stattdessen seine Fähigkeiten herausstellen sollen. In diese Strategien wurden wir hinein geboren. Unsere Eltern vermittelten sie uns, weil sie sie lebten. Sie sind uns so vertraut, dass wir sie als Teil von uns wahrnehmen. Die Hindus bezeichnen es als das Rad des Samsara. Der ewige Zyklus von Geburt, Tod und Wiedergeburt, der nur durch Bewusstheit des Karma und ein Leben entsprechend dem eigenen Dharma überwunden werden kann. Solche Strategien sind zum Beispiel innere Abwertung oder Überhöhung. Die Positionen sich kleiner oder größer zu machen, spalten Anteile ab und untergraben unsere Lebendigkeit. Denn lebendig sind wir nur, wenn wir außerhalb von vorgefertigten Ideen und Mustern auf Situationen reagieren können. Gefangen in den Strategien leben wir ein kleines Leben, das auf Sicherheit ausgerichtet ist und sich vor Freiheit fürchtet.

Die Spaltung ist also schon recht alt. Durch ihre aktuelle Betonung haben wir jedoch die Chance sie zu erkennen. 

Wenn diese Annahme stimmt, wäre es wichtig unsere Aufmerksamkeit etwas von der Welt draußen weg, hin zu unserer inneren Welt zu richten. Und dort nichts mehr als selbstverständlich zu nehmen, sondern unsere Impulse auf ihre Liebes- und Beziehungstauglichkeit zu überprüfen. Dann sind wir dort angelangt, wo wir wahrhaftig Veränderung leben können – bei uns.