Zeitenwende

“Wir leben in einer schweren Zeit. Im globalen Schmerzkörper steckt ein kollektives Unglück in der Liebe. Zu den tiefsten Krisengebieten unserer Zeit gehört die Beziehung der Geschlechter. Hier sind viele Hoffnungen zugrunde gegangen, viele Träume geplatzt und viele schlimme Gedanken entstanden, Gedanken der Resignation, der Ironie, der Rache und der Gewalt. Erst wenn wir eine soziale Bewegung in Gang bringen, die hier eine positive und überzeugende Antwort geben kann, können wir unsere Evolution in eine humane Richtung bringen. Politische oder religiöse Bewegungen, die hier keine Antwort geben, werden scheitern an der Übermacht der Gegenkräfte, die auch im eigenen Inneren stecken. Sie werden scheitern an der Übermacht ihres eigenen unerlösten Verlangens.

Solange die intimste Sehnsucht unerlöst bleibt, wird der Mensch immer nach ideologischen, religiösen, beruflichen oder politischen Ersatzlösungen suchen, und je mehr er sich auf diese Ersatzlösungen festgelegt hat, desto mehr wird er sich gegen die Aufdeckung innerer Wahrheiten wehren. Man will nie mehr in Berührung kommen mit den alten Wunden, mit den Schmerzen und Enttäuschungen in der Liebe. Auf diesem Wege von Vermeidung und Verdrängung dreht sich das Rad des bestehenden Systems immer weiter, es ist ein System des sich permanent selbst reproduzierenden Unglücks in der Liebe. Und das kollektive Unglück in der Liebe verlangt permanent nach Kompensation: Konsum, Sucht und Gewalt.

Wir formulieren hier einen Zusammenhang zwischen dem globalen Kriegsgeschehen und dem intimsten Bereich des menschlichen Lebens. Kann das ernst gemeint sein: Befreiung der (sexuellen und seelischen) Liebe als Voraussetzung für einen globalen Frieden? Wir wissen, wie ideologisch solche Aussagen klingen für viele Zeitgenossen, welche angesichts der fürchterlichen Ereignisse unserer Zeit nicht verstehen können, warum wir, die wir selbst solange schon politisch engagiert sind, mit solcher Vehemenz auf die inneren Themen hinweisen. Wir tun es, weil hinter allen äußeren Illusionen der verborgene Schmerz liegt, die verborgene Trauer oder die verborgene Wut, die man längst nicht mehr benennen kann. Und wir tun es vor allem, weil über allen Wolken immer noch ein strahlender Himmel ist, eine Weltordnung der Liebe – wir nennen sie die ‘heilige Matrix‘.“

Dieter Duhm, Sabine Lichtenfels; Tamera

Wir alle sind Natur

Der Weg

Wir alle sind Reisende. Auf diese Welt kommend, tragen wir ein Licht in uns, das unseren ganz eigenen Duft, unsere ganz spezielle Farbe, diesen ganz besonderen Klang trägt, den wir der Welt schenken möchten. Dieses Licht ist eine machtvolle Kraft, die danach drängt, sich zu zeigen, die Welt durch ihre feine Besonderheit zu bereichern und zu vervollständigen. Es ist unsere Lebensenergie, unsere Shakti, die in uns aufsteigen und durch uns in die Welt gelangen möchte. 

Dies geschieht ganz leicht, ohne besondere Anstrengung. Diese Energie steht immer zu unserer Verfügung. Bei jeder Entscheidung, bei jedem Menschen, den wir treffen, bei allem, was wir im Außen wahrnehmen, sendet sie Impulse in unser Bewusstsein. Wir alle kennen das Gefühl der Weite, wenn wir den Sonnenuntergang beobachten oder an einem warmen Sommerabend, weit ab von der Stadt, die Pracht des Sternenhimmels genießen. Die Wärme und Freude, die in uns aufsteigt und wie ganz von selbst, ein Lächeln auf unsere Lippen malt. Die gleiche Energie schickt uns Impulse in jeder Lebenslage.

Der Prozess gerät dann ins Stocken, wenn Kinder mit einer Mischung aus Angst, Druck und Liebesversprechen ihrer inneren Entwicklung, dem in jeder Zelle verankerten Wissen, ihrem tiefen Lebenswissen, entfremdet werden. Eigentlich bräuchten sie Begleitung darin, genau diese Melodien in sich wahrzunehmen, sie mit der Welt im Außen zu verbinden und ihnen zu vertrauen. Stattdessen erfahren sie, dass ihre Erwachsenen den aufsteigenden Impulsen bei sich selbst nicht trauen, sie vielleicht gar nicht wahrnehmen oder über sie hinweggehen.

Jahrtausende der Fremd- und Selbstunterdrückung haben dazu geführt, dass wir uns von dem machtvollen Wissen und Weben in jeder unserer Zellen abgeschnitten haben. Die alten GöttInnenbilder, mit denen wir es beschrieben haben, sind im Wind verweht, aber niemals verloren. Diese Macht ist so großartig, so prächtig und stark, dass sie nicht vergehen kann. Alles, was wir wirklich sind, ist sie. Sie ist das Murmeln des Baches, der Wind, der die Blätter der Eiche bewegt. Sie lässt unsere Haare wachsen, das Gras aus der Erde sprießen. Sie macht, dass die Erde sich dreht und mit einer irren Geschwindigkeit durch das Weltall rast. Sie ist Geburt, Leben und Tod, das ewige Werden und Vergehen, das uns manchmal solche Angst bereitet. Sie ist das Versprechen auf einen immer wieder neuen Anfang und ein tröstliches Ende. Gerade der ewige Kreislauf erzählt von Erneuerung. Nicht im ewigen Leben, sondern im ewigen Vergehen liegt die Erneuerung verborgen wie ein wundervoller Schatz. 

Wir können uns jederzeit auf den Weg machen, um uns wieder bewusst mit dieser Kraft in uns zu verbinden. Sie ist da und wartet auf uns, ruft uns, klopft machtvoll oder leise an unser Bewusstsein. Manche hören ihren Ruf sehr stark, andere finden behutsam zu ihr. Wie auch immer, eines ist gleich. Ihr Ruf lässt unser Herz weit werden. Alles öffnet sich, Möglichkeiten zeigen sich und ja … dieser Stimme zu folgen gibt uns ein Gefühl von Abenteuer, von einem Risiko, das wir eingehen müssen. Ein Prickeln steigt bis in unsere Kehle auf, dringt in die Schultern vor und lässt unsere Augen blitzen. Dann gehen wir los und beim Gehen schiebt sich der Weg unter unsere Füße.

Gesundheit

Göttin

Es ist Mitternacht, als ich erwache. Auf meinen Bronchien, in meinen Nebenhöhlen sind Schichten von Schleim, zäh. Sehr zäh. Nach wenigen Versuchen des Abhustens, stehe ich auf, wie jetzt schon in so vielen Nächten zuvor. Wasser im Wasserkocher erhitzen, Brett und Topf auf den Tisch, Minze in den Topf, das Wasser darüber, ein Handtuch über den Kopf und den heißen, brennenden Dampf einatmen. Nach circa zehn Minuten fühlt sich alles besser an. Gelöster, ich kann wieder atmen. Trockene Kleidung und mit dem Vernebler ins Bett legen. Sobald ich ihn aktiviere, wird Amy wach, hebt Kopf und Ohren und im nächsten Moment ist sie weg. Katzen können Ultraschalltöne hören! Sie kommt erst wieder, als der Vernebler im Kühlschrank verschwunden ist. 

Ich möchte jetzt schlafen, merke jedoch schnell, wie kalt mir ist. Also wieder Schüttelfrost. Ich erhitze wieder Wasser, erneuere die Wärmflaschen und messe Temperatur. 38,5. Steigend. Das ist gut! Die Vitamin C Infusion von Eike heute, zeigt also Wirkung. Mein Körper brennt wieder. 

Annahme. Hingabe. Vor der Veränderung steht immer die Annahme der Situation. Nur von diesem Punkt aus kann es weiter gehen.

Die ganze Zeit spüre ich diese absolute Reduktion auf die Körperlichkeit. Auf eine drängende Körperlichkeit, die keine anderen Aspekte zulässt. Es gibt einen klaren Vordergrund, eine Prioritätenliste, die ich nicht bewusst schrieb. Etwas in mir schrieb sie. Ein uraltes Programm, das autonom reagiert und handelt. Es ist dieser Körper mit seiner unendlichen Weisheit. Dieser Körper, der mit 100 prozentiger Sicherheit weiß, was zu tun ist und der alles, wirklich alles tut, um dieses Menschwesen das ich bin, zu heilen, die organische Ordnung des “in mir“ und “im Außen sein“, hervortreten zu lassen und erneut eine lebendige Balance des Miteinanders zu gebären. 

Mein Kopf überlässt das Heilen dem Körper. (Als sei er nicht Körper, thront er abgeschnitten irgendwo weit oben und versucht die Welt in Objekte zu unterteilen). Er geht andere Wege. Er analysiert, zerlegt, sucht nach Erklärungen wieso ich krank bin, wieso ich keine Luft bekomme, und, und, und. 

Die beruhigende Stimme in mir kommt nicht aus meinem Kopf. Sie kommt aus einer alten Tiefe, lässt die Holle oder Hel, Baba Yaga, Medusa, Lilith zu Wort kommen. All die alten körperlichen Göttinnen, von denen das Patriarchat die Frauen trennen wollte. Göttinnen der Kraft und der Ganzheitlichkeit. Keine auf Äußerlichkeiten reduzierten Püppchen, die sich den im Patriarchat an die Macht geschwungenen „Göttervätern“, den gewalttätigen, ihre Macht und Position missbrauchenden Zeuslingen dieser Welt unterordneten. 

Und nun spüre ich den Zusammenhang. Ich kann spüren, dass mein Körper Erde ist. Und dass diese Göttinnen eintreten für die Erde, die große, von der ich ein Teil bin und die kleine Erde meines Körpers. Es jubiliert in mir „ich bin Erde“. Und die alten Göttinnen, sie sind da. Sie waren nie weg. Sie leben in mir und in der Erde. Denn da ist kein Unterschied! Ich hatte sie nur vergessen. Wie schön ist das. Wie geborgen und behütet sind wir! Alles ist gut. Die Göttin kommt zurück in die Welt und fordert den Platz ein, der ihr seit Urzeiten zusteht!

Südamerika

Paraguay 2

Meine ich das innere oder das äußere Paraguay? Frage mich nicht. Ich kann es dir nicht sagen!

Paraguay wirft dich auf dich selbst zurück.

Rüttelt an deiner Festung, deinem Panzer. Du hast nur zwei Möglichkeiten: wirf ihn ab und gib dich hin, in all deiner Verletzlichkeit, deiner Angst und deiner Abwehr oder lauf. Lauf schnell zurück in deine Burg, deine Festung. Zieh die Brücke hoch und versteck dich. Versteck dich in deinen alten Mustern und Glaubenssätzen, nähre dich von deiner und der kollektiven Angst. Zieh den Kopf ein und nimm dein altes Leben wieder auf.

Du stehst vor der Frage des Stirb oder Werde. Dein Kopf rast, produziert Ideen, sucht nach Auswegen. Doch die Antwort wird ‚Stirb und Werde‘ heißen. Du musst dich entscheiden. Du musst loslassen. Es gibt keinen anderen Weg. Entweder stirbt dein altes Ich, dieses kleine korrumpierbare Ego einen weiteren Tod, lässt etwas mehr los, gibt sich ein wenig mehr hin oder du fällst zurück in deine eigene Vergangenheit, die du glaubtest hinter dir gelassen zu haben. Doch du hattest sie all die Zeit im Gepäck. Als hättest du ein Cape getragen und nur die Mütze abgesetzt. Sie war nie weg. Sie war immer direkt hinter dir. Nun – abgeschliffen und in all deiner Verletzlichkeit nackt und bloß, erinnerst du dich an sie. Wie wirst du weiter gehen? Gibst du deiner Angst, diesem kleinen Biest, das dir droht und dich gleichzeitig lockt, Macht? Glaubst du ihren Verführungskünsten? Den Ideen, es gäbe da eine Sicherheit, in die du zurück flüchten könntest? Dem Gedanken, du könntest überhaupt zurück? Zurück in ein altes, längst aufgegebenes Leben. Erinnere dich! Da war kein Leben mehr. Die Angst hat es gefressen. Du hast dich immer weiter in dich zurückgezogen, Freiheit gegen Sicherheit getauscht. Noch ein Stück und noch ein Stück deiner Lebendigkeit sterben lassen. Wer warst du denn? Ein lebender Toter. Eine Blüte, vertrocknet bevor die Frucht reifen konnte. Dorthin willst du zurück? Wirklich? 

Und auf der anderen Seite das Abenteuer. Du weißt nicht was kommt, was dich erwartet. Du weißt, dass du deinen Kopf unter den Arm nehmen, die jahrzehntelang antrainierte Idee, du könntest das Leben kontrollieren, aufgeben musst. Stattdessen wartet die Hingabe auf dich. Diese allumfassende Hingabe an das Leben selbst. Dieses tief in deinem Körper verankerte Wissen, dass das Leben größer ist als du. Dass es dir nie böse oder feindlich gesinnt war und ist. Sondern dich immer nährt. Mit der Nahrung, die du genau jetzt brauchst. Es fragt nicht danach, ob du verstehst. Es ist. Und es lädt dich ein in die Lebendigkeit des Seins, des gegenwärtigen Moments. Nimm es an und gib dich hin. Vertraue. Du selbst bist das Leben. Es war nie etwas anderes da. Nur du.

Südamerika

Paraguay

Oder: wohin führt der Weg?

Tim hat seelisch eine Menge durchgeholt letzte Woche. Seit Mittwoch liegt er mit Fieber und Schüttelfrost im Bett. Eine spirituelle Entwicklung braucht immer auch eine körperliche Komponente. Der Körper will mitgenommen werden. Da ist etwas im Aufruhr, da brennt ein Feuer, das Immunsystem reinigt den Körper vom alten. Gleichzeitig werden alte Überzeugungen losgelassen, Glaubenssätze erkannt und transformiert, die Harmonie in Körper und Seele wächst, erreicht eine neue Ebene und Stabilität. Ich bin stolz und glücklich, dass er die Prozesse auch bewusst erkennen kann und sich einlässt.

Wir lachen hier viel. Das tut sehr gut. Die Menschen, die ich hier treffe, egal ob Paraguayer oder Europäer, sind klar in der Birne. Ich habe hier noch kein Blabla auf Kopfebene erlebt. Die Leute lassen sich auf Gespräche ein, die in die Tiefe führen, bringen sich selbst ein. Gefühle dürfen sein. Die eigene Tiefe darf sein, der eigene Schmerz hat Raum. Und schon ist auch Raum für Freude und Lachen da.. Das Leben ist echter.

Alles ist reduziert auf das, was wirklich wichtig ist. Der irre, tief verinnerlichte Run besser, schneller, weiter findet hier nicht statt. Das entspannt enorm. Hier spürst du welche Leistungsscheiße du verinnerlicht hast. Aus dem System raus, bedeutet drauf blicken zu können. Und du erkennst das Monster, dem du dich ausgeliefert hast. In D merken wir ja schon nicht mehr wie gesteuert wir sind. Was wir zu brauchen glauben.

Dann gilt es zu erkennen wo im eigenen Geist und Körper sich das Monster eingenistet hat. Wo es Wurzeln geschlagen hat, wo vielleicht schon Blüten sind. Wird es bewusst erkannt, beginnt es zu heulen und zu schreien. Lebt es doch sonst im Dunkel des Unbewussten.

Nach dem Erkennen kommt die Reinigung. Das kann recht schnell gehen, es kann auch ein längerer Prozess sein, je nachdem an welchem Punkt wir stehen. Wie auch immer, es befreit und heilt uns.

Lässt uns offen und neugierig zurück. Irgendwie durchgeknetet, neu, eine neue Chance auf sich selbst. Wer bin ich denn wirklich ohne all den Scheiß, den ich mein Leben lang eingeatmet habe? Wer bin ich, wenn ich all das tatsächlich hinterfrage? Aus einem anderen Denk-, Fühl-und Lebenssystem heraus? Was liegt darunter? Wer ist wirklich zuhause in mir? 

Hier erkenne ich von einer Ebene aus, die ich nie hätte erreichen können, wenn ich mich nicht auf das Abenteuer Paraguay eingelassen hätte, wieviel Dreck und Unrat auf meiner Seele lagen. Und ich erkenne, dass ich dies zugelassen habe. Dass es mir in dem System nicht anders möglich war. 

Wieviel Energie habe ich mein Leben lang darauf verschwendet mich zu vergleichen? Zu schauen was andere denken? Soviel Energie, die in Schuld und Scham geflossen sind! 

Hier wird dir deine oberste Schicht abgeschabt. Du wirst sandgestrahlt, gehobelt … Es tut weh. Und es befreit. Darunter erscheint deine Weite, deine unglaubliche Freiheit! Dann bleibst du völlig atemlos zurück. Atemlos und voll Freude. Ein glucksendes Lachen steigt aus deiner Tiefe nach oben, sucht sich einen Weg in dein Leben, lässt alles los, was du nicht mehr brauchst und bringt dich zurück zu deinen Wurzeln, zu unser aller Quelle, zum Leben an sich!


Du lebst! DU lebst! DU LEBST! 

Trauma und transgenerationale Übertragung

Bindung

Unser Umgang mit Kindern von der Geburt bis zur Pubertät ist geprägt durch Abwesenheit von Empathie und das Verleugnen psychologischer Wahrheit.

An der Abschaffung der Bindung von Eltern und Kind wird schon lange gearbeitet. Schulpflicht, Kindergarten, Krippe bedeuten inzwischen vor allem Kontrolle und somit Aufweichung der Beziehungen. Die gleiche Funktion üben Ärzte, Behörden, hier auch das Jugendamt, aus und verwirren Eltern damit in ihrer Erziehungshaltung. 

Dazu finanzielle Kontrolle; Mittelstandsfamilien werden seit Jahrzehnten in die Situation gebracht, dass beide Eltern glauben außerhalb der Familie arbeiten zu müssen. Einmal, um einen angeblich nötigen, von der Werbeindustrie generierten Standard zu erreichen oder zu halten. Die Erziehung der Kinder wird als unwichtig diffamiert. Dies zeigt sich auch in der Verteilung der Gelder. Frauen und Männer, die ihre Kinder selbst in die Welt begleiten wollen, erhalten nur geringe finanzielle Zuwendung. Ebenso gehören Berufe, die Kinder in ihrem So-Sein bestärken, ihre Liebes- und Empathiefähigkeit unterstützen sollen, zu den schlecht bezahlten. Dies führt zu Personalmangel, ausgebrannten Mitarbeiter*innen mit allen bekannten Problemen, die in solchen Teams auftreten.

Es verwundert daher nicht, dass Kindertagesstätten inzwischen mehr Verwahranstalten denn sinnvolle Alternativen zur häuslichen Anbindung darstellen, es vielleicht schon immer waren. 

Krippen für die Erziehung der unter drei Jahre alten Kinder können den Bedürfnissen dieser Altersgruppe in keinster Weise gerecht werden. 

Auch der Umgang von Eltern mit ihren Säuglingen ist massiv gestört. Eine unüberschaubare Anzahl von Erziehungsratgebern, die keine Orientierung, dafür verwirrende Ratschläge über das gesamte Spektrum der Möglichkeiten geben, trägt nicht zur Klarheit bei. Daneben haben wir seit langer Zeit eine Kultur des Wegsperrens von Kindern. Schon von unter einen Jahr alten Mädchen und Jungen wird erwartet, dass sie alleine im Kinderzimmer schlafen, sich mit sich selbst beschäftigen und Freude an Spielzeug haben. Das Stillen, ein großer Pfeiler der Bindung, darf, wenn überhaupt, nur heimlich und höchstens ein paar Monate die Bindung und Gesundheit des Kindes stärken. Mütter erhalten oft schon in der Entbindungsstation falsche Informationen über den Ablauf des Stillens oder sie werden angewiesen zuzufüttern, was fast immer zu einem Auslaufen des Stillens führt. 

Dass die inzwischen doch beachtlichen Erkenntnisse zur Bedeutung von Bindung bei Kindern keinen Eingang in die familiäre Planung und besonders auch in die staatliche Planung finden, kann nur bedeuten, dass Bindung nicht erwünscht ist. Wozu auch? Eine gute Bindung führt schließlich zu frei und selbst denkenden Menschen, die schlecht zu kontrollieren sind. Während unsicher gebundene Kinder zu Erwachsenen heran wachsen, die getrieben von einem inneren Mangel an Liebe, gute Konsumenten werden, sich leicht durch Autoritäten lenken lassen und als Ersatz zur elterlichen Bindung, die Bindung an Objekte vollzogen haben. Diese Bindung an Objekte hält von da an eine gute Spaltung in „Ich“ und „Du“ aufrecht, die es zum einen erlaubt das Gegenüber als Objekt zu erleben und sich auf dessen Kosten zu entlasten, zum anderen ist es eine Quelle stetiger Unsicherheit und Angst, über die der jeweilige Mensch leicht zu kontrollieren ist.

Ein besonderes Thema ist die schulische Bildung. Während Bildung als solches sicher eine Errungenschaft sein kann, ist es fraglich, was wir unseren Kindern antun, wenn wir sie in die Obhut einer Institution geben, die ihre Individualität nicht nur nicht achtet, sondern sie durch Gleichschaltung und Anpassung ersetzen möchte. Mädchen und Jungen erhalten dann Zuwendung, wenn sie die jeweiligen Regeln gut beachten, um dem Lehrpersonal nicht negativ aufzufallen, andererseits sich stark genug abgrenzen können, um nicht in den Fokus von Kindern zu geraten, die ihren Frust über ihre Verformung durch nicht angreifbare Erwachsene, an schwächer scheinenden Kindern auslassen.

In der Pubertät ist aktuell das letzte Aufbäumen gegen die inhumanen Praktiken unserer Erziehung zu beobachten. Es ist letztlich der Kampf des Individuums gegen das Verinnerlichen menschenverachtender Ideen, wie das Leben in der Leistungsgesellschaft aussehen soll.

Wir alle haben diese Welt so gestaltet. Aktiv, durch Gleichgültigkeit, durch passives Mittragen oder wie auch immer. Unsere innere Ausgangsposition ist die eigene frühkindliche Traumatisierung, die so verbreitet ist, dass wir sicher von einer traumatisierten Gesellschaft sprechen können. 

Der Weg hinaus ist der Weg hindurch. In diesem Sinne ist es nötig, dass wir uns mit unseren früheren Bindungstraumatisierungen beschäftigen, erkennen welche Weichen durch sie gestellt wurden und uns auf einen Heilungsweg begeben. Ob mit einer Therapeutin oder mit lieben Freunden bleibt jedem überlassen. Wichtig ist nur, dass wir genau dort hinschauen, wo wir nicht hinschauen möchten. Der Weg hindurch ist der Weg durch die Angst, die so zu einem wunderbaren Führer und Gefährten wird. 

Mikroskop

Qubits

Wir können Materie als den Bereich des Raumes betrachten, in dem das Feld extrem dicht ist. In dieser neuen Physik ist kein Platz für beides, Feld und Materie, denn das Feld ist die einzige Realität.

Albert Einstein


Die irreduziblen, also auf nichts anderes zurückführbaren Informationseinheiten dieses unvorstellbaren Quantenfeldes werden “Qubits“ genannt. Sie sind die gedachte Entsprechung zu den Bits, die heute das digitale Zeitalter bevölkern. Das Qubit und das Bit stehen in einer eindeutigen Beziehung zueinander. Das Bit ist die Informationseinheit, die wir messen oder wahrnehmen. Bevor die Messung stattgefunden hat, existiert eine Art potentielle Information, das Qubit. Diese Information ist undefinierbar. Durch die Messung wird ein definitives, eindeutiges Bit an Information erzeugt, das vorher noch nicht vorhanden war. Das Qubit ist eine unerschöpfliche Quelle von Möglichkeiten, von denen schließlich eine realisiert wird. Es enthält das Bit auf eine grundlegend zufällige und unvorhergesehene Weise.

Monika Alleweldt


Das Qubit zu ergreifen, … ihm eine eindeutige Farbe zu verleihen … darin liegt ein von mir ausgeführter schöpferischer Akt, der durch keine Vergangenheit vorherbestimmt ist. (…) Das Qubit ist die höchste Form des Wunders.

Hans Christian von Baeyer

Trauma und transgenerationale Übertragung

Friede

Wir haben uns eine Welt erschaffen, in der …

… das Äußere wichtiger erscheint, als das Innere. Wir alle haben es erschaffen. Jeder und jede einzelne. Weil wir den Krieg, die Gewalt in uns tragen und es verbergen möchten. Wir betonen das Äußere so sehr, weil im Inneren soviel Angst herrscht. Wir tragen das Trauma in uns. Nicht erst seit kurzem, sondern seit Tausenden von Jahren. Es ist ein Teil von uns geworden, daher sehen wir es nicht.

Jetzt ist die Zeit da, dies zu erkennen und unser Inneres zu heilen, damit unsere Gesellschaften heilen kann. Solange wir den Feind nur im Außen suchen, erkennen wir nicht, dass wir es selbst sind, die mit uns im Krieg leben. Wir projizieren unsere Ängste, unseren Widerstand, unsere Spaltung nach außen und versuchen sie dort zu heilen, während wir genau diese Spaltung in allen Bereichen, die wir betreten, säen. Sie umgibt uns wie eine zweite Haut. Spaltung ist Trauma, das aus uns effundiert. Und “uns“ meint die gesamte Menschheit.

Es ist an der Zeit, dass wir uns unseren Ängsten stellen. Dass wir nach innen schauen und voll Liebe die Schrecken begrüßen, die wir dort vermuten. Ja, es wird wehtun.  Ja, wir werden weinen, traurig sein und wütend werden. Doch wenn wir jedem Gefühl seinen Moment lassen, werden alle Gefühle, die auftauchen auch wieder vergehen. Und darunter wartet Weite. Und Leichtigkeit. Und Liebe. Unser Blick wird klar werden und wir werden die Welt sehen können, wie sie wirklich ist. Und dann werden wir wissen, was zu tun ist. Und wir werden es tun. Wenn in uns keine Gewalt, keine Spaltung, kein Hass und keine Angst mehr wohnen, wird auch in der Welt Friede sein.

Ich - Du - Wir

Spiegelung ist Identität


„Forschungen der US-Wissenschaftler Andrew Meltzoff und Keith Moore, Mitte der 1990er Jahre zeigten:

Kinder (Neugeborene) wissen, dass die Empfindungen, die sie innen haben, nach außen ein Körper sind, nicht anders als jener (der Körper der Mutter) vor ihnen. Schon Neugeborene erleben ihre Mutter somit als ein Gegenüber. Säuglinge wissen offenbar auch, dass der mütterliche Körper mit genau der gleichen Innerlichkeit begabt ist, die sie selbst fühlen. Neugeborene verstehen vielleicht sonst nichts, aber eine Sache wissen sie mit einer Klarheit, um die wir sie beneiden können: Dass sie Lebewesen sind, deren Gefühle eine mit den Fingern betastbare, mit den Blicken wahrzunehmende sichtbare Außenseite haben. Oder, noch allgemeiner ausgedrückt: Sie wissen, dass sie Materie sind, die zu Gefühlen fähig ist.

(…)

Für den Bewusstseinsforscher und Philosophen Evan Thompson von der Universität Toronto zeigen diese Experimente: “Für Neugeborene ist die Erfahrung, dass sie ein Ich haben, an die Gegenwart von anderen Menschen gekoppelt.“ Bewusstsein forme sich wie in einem Pingpongspiel aus der Kommunikation zwischen dem eigenen Selbst und dem der anderen Menschen. Bewusstsein ist darum immer auf die Präsenz eines Gegenübers angewiesen. Es ist weniger subjektiv, als intersubjektiv, wie Thompson glaubt. Der Schlüssel für eine gesunde Entwicklung läge damit in der Empathie: In der Möglichkeit, eigene Gefühle zu erfahren, indem man sie an anderen erkennt, von denen man weiß, dass sie ebenfalls fühlen. Werden zu können hieße, geliebt werden zu dürfen – als eine biologische Notwendigkeit.

Darum – nicht aufgrund einer vorgezeichneten symbiotischen Einheit mit der Mutter – bleibt der werdende Mensch sein Leben lang auf eine Form von Symbiose angewiesen. Nur indem ich mich in bestehenden Strukturen widerspiegele, gewinne ich für mich selbst Struktur. Das Neugeborene erlebt sich getrennt, und zugleich wird es nur im Wechselspiel mit anderen zu einem Selbst – indem es die Trennung überwindet. Der Säugling muss sich im Gesicht der Mutter (oder des Vaters oder einer anderen zentralen Bezugsperson) spiegeln, um sich selbst erkennen zu können. Ihr Blick macht ihn zu dem, der er sein wird – und je nachdem wie empathisch, einfühlsam und liebevoll der Blick ausfällt, wird der neue Mensch ein anderer. Hirn-Experimente mit Affen zeigten, dass das Ausmaß der elterlichen Fürsorge den anatomischen Aufbau des Denkorgans in entscheidender Weise beeinflusst. Gefühle, die ein Kind bis zu einem bestimmten Lebensalter nicht erlebt, weil sie ihm von seinem Gegenüber nicht entgegengebracht werden, löschen sich aus der Architektur des Gehirns und sind dann für ein ganzes Leben unheilbar verloren.“

Andreas Weber, “Alles fühlt

Ich - Du - Wir

Empathieverweigerung

Wieso verweigern Menschen anderen ihre Empathie? Wieso verweigern sie sogar ihren Kindern ihre Empathie? Wieso hören sie im Schreien des Säuglings nicht seinen Schmerz? Was treibt die dazu, ihr Baby alleine in ein Zimmer zu legen und davon auszugehen, so werde dieses kleine Kind „richtig“ zum Schlafen oder sogar Durchschlafen erzogen? Wieso legen sie soviel Wert auf Erziehung und so wenig auf Beziehung? Was bringt Eltern dazu ihre Kinder abzulehnen, zu demütigen, zu verletzen?

Noch bis 1987 konnte man das Buch „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ von Johanna Haarer in deutschen Buchhandlungen kaufen. Es wurde in den 1930ern verfasst. 1949 wurde der Titel in „Die Mutter und ihr erstes Kind“ geändert. Während der Nazizeit erreichte es eine Auflage von 600 000 Büchern und nach 1949 nochmals 600 000. 

Voller schwarzer Pädagogik, wies es Mütter an, ihre Kinder direkt nach der Geburt wegzulegen und einen Tag lang nicht zu beachten, bestimmte genau, dass die Mutter nur alle vier, im Ausnahmefall alle drei Stunden stillen dürfe, nachts acht Stunden Stillpause einzulegen habe und dazwischen das Kind nur beachten dürfe, wenn es sauber gemacht werden musste oder krank war. 

Frau Haarer sprach dem Kind jegliche Gefühle ab, außer dem mächtigen Wunsch nach Macht über die Mutter. Gäbe man dem auch nur einmal nach, ziehe man sich einen kleinen Tyrannen heran.

Alleine war Frau Haarer mit ihren abstrusen Vorstellungen nicht. Auch noch bis in die 1980er Jahre gingen Mediziner davon aus, dass kleine Kinder keine Schmerzen empfänden. Daher wurde bei Operationen an Kindern bis Ende der 1980er, nur wenig Narkosemittel und oft kein Schmerzmittel verabreicht. Schreien und entsprechende Mimik wurden als Reflexe gedeutet.

Wie konnte es dazu kommen? Wissen wir inzwischen doch, dass Mütter instinktiv die Gefühle ihres Kindes wahrnehmen, erfassen und einsortieren, was sie direkt veranlasst ihr Kind zu beruhigen, es hochzunehmen mit aller Kraft dafür einzutreten, dass es dem Kind schnellstmöglich wieder gutgeht. Wir wissen auch, dass wir über unsere Spiegelneuronen die Gefühle des Gegenübers wahrnehmen, als erlebten wir die Situation selbst.

Es scheint so, als sei es den Menschen, die Haarers Anweisungen folgten, den Medizinern, die Kinder operierten und ihnen Schmerz- und Narkosemittel verweigerten, oder den Eltern, die ihre Kinder all dem auslieferten und die Anweisungen der schwarzen Pädagogik befolgten, nicht möglich gewesen, die Gefühle ihrer Kinder zu erkennen. Es war ihnen nicht klar, dass sie Kindern Gewalt antun, Gewaltthesen verbreiten und andere zur Gewalt gegen Kinder aufriefen. Sie hatten ihre Empathie unterdrückt, einen Teil ihrer Seele verbannt.

Gewalt ist leider ein Erfolgsrezept. Sie wirkt. Kinder die Gewalt erleben, passen sich dem Aggressor an. Sie entwickeln große Antennen für ihn und andere, versuchen seine Gedanken zu lesen, zu erraten in welcher Stimmung er ist, ob Gefahr droht.

Oft wird Gewalt, die Kinder erleben, in drei Bereiche unterteilt, die eine Steigerung implizieren:

  • Emotionale (seelische, psychische) Gewalt 
  • Körperliche Gewalt
  • Sexualisierte Gewalt 

Sexualisierte Gewalt geht immer auch mit körperlicher und emotionaler Gewalt einher, körperliche Gewalt beinhaltet auch emotionale Gewalt.

Auf den ersten Blick, scheint emotionale Gewalt weniger schlimm zu sein. Allerdings kämpfen Menschen, die Gewalt erlebten, oft mit erfahrener emotionalen Gewalt viel länger und nachhaltiger, als mit körperlicher oder sexualisierter Gewalt (das gilt natürlich nicht immer und schon gar nicht für körperliche und sexualisierte Folter, die unabsehbare Auswirkungen nach sich ziehen kann). 

Das geht unter anderem darauf zurück, dass es oft sehr lange dauert, bis emotionale Gewalt als solche von Betroffenen wahrgenommen wird. Sie wächst in jede Zelle, drängt sich in jedes Organ, lässt sich vom Blut in jeden noch so abgelegenen Winkel des Körpers tragen. Sie wird Teil des Menschen. Unsichtbar, weil sie sich als die Person selbst tarnt.
Ihr Vorteil liegt in ihrer „Subtilität“, in der Selbstverständlichkeit, mit der sie vorgibt Teil zu sein, dazu zu gehören. Und auch in unserem sozialen System und den daraus folgenden Glaubenssätzen, die wir verinnerlicht haben. 

Emotionale Gewalt wird oft nicht als Gewalt gesehen, sondern als Rauheit, Grobheit oder Unfähigkeit eines Menschen seine „wahren“ Gefühle zu zeigen, missdeutet.

Beispiele für verbale emotionale Gewalt sind: 

„Du bist schlecht. Durch das, was du tust oder eben nicht tust, verursachst du Leid. Meines und das von anderen. Siehst du, was du deiner Mutter angetan hast? Sie weint. Das ist deine Schuld. Wir haben nur wegen dir gestritten. Nichts kriegst du hin. Du bist dumm. Tölpel. Du hast zwei linke Hände und stolperst über deine eigenen Füße. Kannst du einmal etwas richtig machen? Ich wollte du wärst nicht geboren. Geh! Ich kann dich nicht mehr ertragen! Wie du wieder aussiehst.“

Daneben gibt es die bedeutenden Blicke, die abwertenden Gesten, das Nicht-Beachten, Ironie, Zynismus, das bewusste Vorziehen von Geschwistern, bösartige Bemerkungen im Beisein Dritter. Böse Worte und/oder ein böser Tonfall, Mimik und Körperhaltung, die hochgezogene Augenbraue, Witze auf Kosten anderer oder Vorwürfe, die wie aus heiterem Himmel kommen. Manipulation, etwas steif und fest behaupten, Gegenargumente klein machen und bagatellisieren. Nichts als gut genug befinden, Anerkennung höchstens für Teilbereiche zugestehen.

Wie können wir dieses umfassende Entstehen emotionaler Gewalt erklären?

Wir leben in einem System, das auf Hierarchien baut. Dieses System hatte vor circa 10 000 Jahren mit dem Beginn des seßhaft Werdens der Menschen seinen Ursprung. Während in nomadisch lebenden Gemeinschaften die Fähigkeiten jeder einzelnen Person für die Gruppe als Ganzes wichtig waren, wurden nun Bauern, Züchter und andere, die einen Überschuss an Nahrungsmitteln und weitere, für die Gemeinschaft wichtige Dinge bereitstellten, mächtiger und einflussreicher als andere. 

Mit den Hierarchien veränderten sich auch die Machtverhältnisse. Männer waren mächtiger als Frauen und Kinder, bestimmte Berufe wichtiger als andere. Macht entwickelte sich zu einem Wert an sich. Wer Macht hatte, brauchte keine Empathie. Im Gegenteil. Empathie konnte verhindern, dass die Macht verteidigt und behalten wurde. Wer zu viel Empathie zeigte, galt schnell als schwach, konnte ausgenutzt werden und büßte im schlimmsten Fall seine Positionen ein. Die Hierarchie als solche sorgt also mit dafür, dass Empathie schwindet.

Es entwickelten sich viele Methoden, um klare Grenzen zwischen Mächtigen und Ohnmächtigen zu ziehen. So zum Beispiel die Verteilung von Land, Tieren, Freiheit. Die unterschiedlichen Gesetze erlaubten es, je nach Stand, den einen, andere körperlich zu züchtigen, sexualisierte Gewalt auszuüben, zu heiraten, lesen und schreiben zu lernen, Kinder zu bekommen, Kriege zu führen, von den Steuern des Volkes zu leben, usw., während die Mehrzahl der Menschen sich dem Willen anderer unterordnen musste und heute noch muss.

Wir leben also seit tausenden von Jahren in Hierarchien, die darauf aufgebaut sind anderen empathisches Handeln zu verweigern. Wir finden diese Hierarchien überall in unserer Gesellschaft, auch in den Familien (ich könnte auch schreiben: „Bis hinunter in die Familie“, und jeder würde sofort dem Hierarchie implizierenden Satz zustimmen).

In der Familie steht ein Elternteil, meist der Vater, an oberster Stelle, die Kinder stehen auf der untersten Stufe. Wir alle haben das verinnerlicht. Wir wurden in dieses System hinein geboren, fast alle Erwachsenen um uns waren daran angepasst. Wir haben erlebt, wie es sich anfühlt, ohne Empathie behandelt zu werden, nicht gesehen zu werden; wir wurden nicht gefragt oder es wurde nicht auf uns gehört. Das geschah so oft und von so unterschiedlichen Personen, dass wir es für normal hielten (und halten). Hatten wir dann noch Erwachsene, die uns Gewalt antaten, schien emotionale Gewalt nur eine leichte Steigerung des normalen, gesellschaftlich akzeptierten Umgangs mit Menschen, insbesondere mit Kindern darzustellen.

Emotionale Gewalt sagt im Kern immer aus, das Kind sei falsch, so wie es ist. Ist ein Kind dem lange genug ausgesetzt, glaubt und verinnerlicht es diese Sicht. Je nach der Mächtigkeit des Verinnerlichten, entsteht ein sogenanntes „Täterintrojekt“. Diese Introjekte lassen das Kind die Position des Gewalttätigen einnehmen und halten es, oft bis ins Erwachsenenalter hinein, dort fest. In der Folge wird die erlebte emotionale Gewalt, in Vertretung des Aggressors, gegen sich selbst, gegen andere, selten gegen den Verursacher gerichtet. 

Das Kind erklärt sich das, gegen es selbst gerichtete Verhalten des Täters, demgegenüber es innerlich loyal sein muss, damit, dass dieser etwas in ihm sieht, das böse ist.

Damit entlastet das Kind den Aggressor, weil es ihn braucht und ihm ausgeliefert ist, und ihn retten und schützen möchte. Mit inneren Sätze, die ihm zuvor so oder ähnlich vermittelt wurden, behält das Kind die Sicht des Täters auf sich im Inneren aufrecht und hinterfragt sie nicht mehr. 

Schließlich war der Täter eine erwachsene Person, die mächtig erschien, vorgab die Welt zu verstehen und sich anscheinend sicher in ihr bewegte. Wie könnte solch göttliches Wesen nicht richtig liegen? 

Daher geht das Kind davon aus, Kontrolle über sich ausüben zu müssen, damit das „Böse“, in ihm nicht zum Vorschein kommt. Könnten dann doch alle anderen sehen, wie dunkel und schlimm es in Wirklichkeit ist. Der Täter hatte ja auch erkannt, dass es nicht liebenswert ist.

Geht vom Erwachsenen „nur“ emotionale Gewalt aus, ist es meist ein schleichender Prozess von Grenzverletzungen, der nur schwer sichtbare Spuren hinterlässt. Dies ist für Dritte wenig auffallend und kaum zu identifizieren. Während sich bei körperlicher und sexualisierter Gewalt manchmal noch aufmerksame Menschen finden, die eingreifen, leiden Kinder die emotionale Gewalt erleben, fast immer unerkannt. Auch deshalb, weil die meisten Erwachsenen selbst emotionale Gewalt erlebt haben, ohne dies für sich als Gewalt erkannt und benannt zu haben; schließlich ist emotionale Gewalt unerkannter Teil unseres Gesellschaftssystems. Beziehungsweise werden bestimmte Formen emotionaler Gewalt in manchen Bereichen der Gesellschaft oder Berufen, als notwendig erachtet: Da braucht man Biß und muss die Ellbogen einsetzten. Schließlich ist das Leben kein Ponyhof. Wer Erfolg haben will, muss wissen wie man kämpft. Es wird agitiert und manipuliert, übergangen und aus dem Rennen geworfen, fertig gemacht und nieder gekämpft.

Emotionale Gewalt findet überall dort statt, wo wir glauben, wir seien, so wie wir sind, nicht genug. Entweder üben wir sie gegen uns oder andere aus, oder wir erfahren sie durch andere. Emotionale Gewalt gehört zu unserem Alltag und kommt oft vollkommen unsichtbar daher. Für das Kind und auch für den Erwachsenen, fühlt es sich vordergründig normal an. Wären wir darin geübt unsere Tiefe wahrzunehmen, abzusteigen, nähmen wir allerdings wahr, dass dieses “normal“, kein Gefühl beinhaltet, sondern Leere ist. Eine emotionale Leere, die entstand, weil wir uns unsere authentischen Gefühle verweigerten.

Diese emotionale Leere in uns schluckt unsere Lebensfreude, unsere Lebendigkeit und Vitalität. Es wachsen Selbstzweifel, der Glaube an die eigenen Fähigkeiten schwindet, während der innere Druck steigt und eine geduckte Lebenshaltung entsteht, die jeden Moment ein neues Gewitter, eine neue Strafe oder auch nur den nächsten Tadel erwartet. In der Folge geben wir die Verantwortung für unser Glück weiter ab. Statt kreativ auf das Leben zu reagieren, werden wir zu Konsumenten. Die Idee, Glück sei im Außen zu finden, verführt uns dazu zu denken wir könnten es kaufen. So erschaffen wir eine Gesellschaft ohne Glück, mit Menschen voller innerer Leere. Statt zu erkennen, dass jeder und jede genauso, wie sie ist, in Ordnung ist, laufen wir Ideen von Selbstoptimierung hinterher, die dieses wahnsinnige Rad, das wir in Bewegung gesetzt haben, weiter und weiter drehen. Wir treiben uns an, beruflich und privat, noch mehr Leistung zu erbringen. Wir jagen unsere Kinder vor uns her, immer auf der Hut vor dem Gespenst der Leistungsgesellschaft und was diese Gesellschaft angeblich von uns verlangt. Mit der Angst im Nacken, nicht mehr dazu zu gehören, wenn wir ihre Anforderungen nicht mehr erfüllen. Vollkommen egal, ob es dabei um das große Geld, die ökologische Ausrichtung, den Kleingartenverein, die Nachbarschaft oder irgend eine andere Zugehörigkeit geht. Das können wir nur erfüllen, wenn wir uns und unseren Kindern die Empathie verweigern.

Haben wir unsere Kreativität lange genug an andere abgegeben, ist es schwierig, wieder an unsere Kraft anzudocken. Dies wird meist erst möglich, wenn die Bereitschaft wächst, sich den heftigen, oft als vernichtend empfundenen Gefühlen der Kindheit zu stellen. 

Die alte Angst, die das Kind motivierte, die Sicht des Mächtigen zu übernehmen, erscheint dann wieder. Meist nicht konkret und bewusst, sondern als Schatten, der irgendwo aus den Tiefen der Gedärme aufsteigt, bedrohlich und unversöhnlich. Für die Person fühlt es sich an, als müsse genau das unter allen Umständen vermieden werden. 

Doch nur bewusstes Hinschauen, Wahrnehmen und Erkennen hilft weiter. Emotional und kognitiv. Es gilt diese alten Ängste zu durchlichten, was möglich wird, indem man sich ihnen stellt und dadurch erfährt, dass die Ängste unserer Kindheit für den Erwachsenen von heute handhabbar sind. Dass Angst nur ein Gefühl ist, das seinen Moment möchte und sich dann wandeln kann in seine ursprüngliche Essenz. Denn Angst ist, wie jedes unsere Gefühle, in der Tiefe des Seins, Lebensenergie. Pure, reine Lebensenergie, die wir genutzt haben, um das Gefühl der Angst zu formen. 

Nach der Beschäftigung mit der Angst, wird für den jetzt Erwachsenen sichtbar, dass der Vater/die Mutter seine innere Unsicherheit damals auf das Kind projizierte und versuchte, seine eigenen, als unzulänglich erlebten, Gefühle im Kind zu verändern.

Nicht die fantasierte Unzulänglichkeit des Kindes ist das Problem, sondern die, oft über Generationen weiter gegebene Unklarheit der Grenzen zwischen dem Innen des jeweiligen Erwachsenen und dem Außen des Kindes.