Gefühle

Ein Schamane wurde gefragt:

– Was ist Gift?

Alles, wovon wir mehr haben, als wir brauchen, ist Gift.

Das kann sein Macht, Faulheit, Essen, Ego, Ehrgeiz, Eitelkeit, Angst, Wut oder was immer.

– Was ist Angst?

Die Nichtakzeptanz von Unsicherheit.

Wenn wir Unsicherheit akzeptieren, verwandelt sie sich in Abenteuer.

– Was ist Neid?

Die Nichtakzeptanz des Guten im Anderen.

Wenn wir das Gute akzeptieren, wandelt es sich in Inspiration.

– Was ist Wut?

Die Nichtakzeptanz dessen, was außerhalb unserer Kontrolle liegt.

Wenn wir das akzeptieren, wird sie zu Toleranz.

– Was ist Hass?

Die Nichtakzeptanz, dass Menschen sind, wie sie sind.

Wenn wir bedingungslos akzeptieren, wird es zu Liebe.


Autor unbekannt

poem

Die Blätter tanzen im Himmelsblau.

Der Wald ist windbewegt.

November, doch die Luft ist lau,

der Tod steht wartend am Weg.

*******************

Blätterhimmel.

Novemberwind.

Am Wegrand der Tod.

Ich - Du - Wir

In der Tiefe der Gefühle

Gerade ist bei vielen kritischen, frei denkenden Menschen die Aufarbeitung der letzten drei Jahre ein Thema. 

Ganz verstehen kann ich das nicht. Mir erschließt sich nicht, wie etwas aufgearbeitet werden kann, das noch keinen Abschluss gefunden hat und von dem niemand weiß, ob das Schlimmste tatsächlich schon vorbei ist, bzw. dieses noch kommt und wir noch gar nicht wissen worum es sich handelt.

Dazu kommt, dass zumindest parallel zu Konsequenzen, Vergeben und Verzeihen sehr genau hingeschaut werden sollte was in unserer Gesellschaft fehlt, das dieses Abgleiten in faschistoide Zustände hätte verhindern können. Die Gegenwart zeigt, dass die Aufarbeitung nach dem dritten Reich wohl fundamental wichtige Bereiche nicht erreicht hat. Ausgelassen wurden die Themen, die die inneren individuellen Seinsebenen betreffen und diese sollten wir nun ins Bewusstsein holen.
Eine Gesellschaft, die sich auf diese Weise spalten lässt, wie wir es zur Zeit erleben, kann nur aus Individuen bestehen, die eigene innere Anteile unterdrückt und abgespalten haben. Denn die Gesellschaft als solches gibt es nicht. Sie besteht immer aus einzelnen Menschen. Betrachten wir also die einzelnen Menschen, um zu erkennen, wo unser Lernfeld liegt. Was in letzter Konsequenz bedeutet uns selbst zu betrachten.

Wir brauchen eine vom Individuum ausgehende Heilung, und um dies zu erreichen einen öffentlichen Diskurs dazu. Es ist jetzt an uns allen, neben den unterschiedlichen Faktenebenen auch das in den Blick zu nehmen, was wir bisher individuell und gemeinschaftlich ausgegrenzt haben.

Dazu gehören aus meiner Sicht die Schnittstellen zu unserer mentalen und psychischen Realität, und ganz wichtig, die Frage nach spirituellen Themen und ihrem Stellenwert in unserer Gesellschaft. Dazu die Betrachtung einer ganzheitlichen Lebensweise, durch welche eine nicht auf Konsum gestützte Zufriedenheit wachsen kann. In der Tiefe zufriedene oder sogar glückliche Menschen neigen weit weniger dazu, sich irrationalen Ängsten zu unterwerfen, Neid- und Hassgefühle zu entwickeln und ihr Ego auf Kosten anderer aufzublasen. Die Wurzeln der gesellschaftlichen Fehlentwicklungen sind in der Tiefe jedes einzelnen zu finden, im Einfrieren unserer Gefühle, in einer Vorstellung von uns, die nicht der Wahrheit entspricht.

Wie kommen wir aus der Falle des Wegdrückens unangenehmer Gefühle heraus?

Von klein auf werden wir erstmal dazu hingeführt unangenehme Gefühle zu vermeiden und glückliche Gefühle zu suchen. Oft wachsen wir auf und sind mit unseren Gefühlen alleine und unvertraut, weil die Erwachsenen um uns nicht über ihre oder unsere Gefühle sprechen. Indem wir sie beobachten, lernen wir, dass sie Situationen suchen, die sie mögen und wir tun es ihnen nach. Viel mehr erfahren wir oft nicht. Irgendwann haben wir dann unsere Gefühle tief in uns begraben, sie sogar vor uns selbst verborgen. Dann glauben wir ‚andere‘ seien die Ursache unangenehmer wie auch angenehmer Gefühle. Würden sie nur: so etwas nicht sagen, sich nicht so verhalten, dann ginge es uns gut. Damit überlassen wir unsere Eigenmacht anderen und stehlen uns gleichzeitig aus der Verantwortung. 

Daneben verkennen wir nicht nur, dass niemand außer wir selbst für unsere Gefühle verantwortlich ist, wir verkennen auch, dass wir mit einem Verhalten im Außen nur resonieren, weil wir dazu schon ein Gefühl in uns haben. Tief versteckt, das sich jetzt als Antwort auf die Situation im Außen meldet. Das gibt uns die Möglichkeit, dieses vor langer Zeit weggedrückte, Gefühl zu sehen, zuzulassen und die in ihm liegende Kraft in unser Leben zu integrieren. Wir gehen in die Verantwortung für alles was uns betrifft. Unsere Gefühle, unsere Gedanken und unser Handeln. Nicht ‚du bist schuld, dass ich mich so fühle und verhalte‘, sondern ‚ich fühle und verhalte mich so, wie ich es tue und übernehme die volle Verantwortung dafür‘. Schauen wir mit diesem Satz auf die vergangenen Jahre zurück, sind wir am Ausgangspunkt unserer ganz eigenen, individuellen Aufarbeitung und können diese für unsere innere Entwicklung nutzen.

Kontakt

Durstig

Ich bin durstig. Durstig nach Freiheit. Durstig nach dem Geschmack von Wind und Sonne. Durstig nach lächelnden Menschen, nach Einfachheit und Freude. 

Irgendwann habe ich aufgehört eine Mission zu haben. Nicht im Innen, nicht im Außen. Dieses Gefühl „ich müsste doch“ verschwand. Nein, ich muss nicht! So oft in meinem Leben habe ich als Jeanne d‘Arc unter fremder Flagge gelebt. Habe Ziele verfolgt, die nicht aus meiner Seele aufstiegen, die nicht meinen Geruch hatten. Wollte dazu gehören, gemocht und gesehen werden. 

Doch jetzt ist etwas in mir aufgebrochen. Eine Stärke, ein Wert, eine Schönheit, die trägt. Die Augen und Ohren der Anderen sind nicht mehr wichtig. Meine Seele folgt ihrer Freude. Sie fragt nicht, ob sie Purzelbäume schlagen darf, sie tut es, wenn sie es möchte. 

Freiheit im Innen braucht Freiheit im Außen. Sicher nicht unbedingt, doch die Sehnsucht ist da. Eine Sehnsucht nach einem einfachen, ungebundenen Leben mit Menschen, die ähnliche Werte haben. Sehnsucht nach einem Leben, bei dem nicht jede Handlung einen dreifacher Vordruck verlangt. In dem Impulse einfach mal umgesetzt werden können, ohne zuvor den Amtsschimmel zu füttern. Sehnsucht nach einem Leben mit Menschen, Tieren und Pflanzen.

Freiheit und Sicherheit sind konträre Werte, die in unserer Gesellschaft konkurrieren. Menschen, die als Kinder keine sichere Bindung erleben durften, ersetzen innere Sicherheit, also das Vertrauen in sich selbst, in die eigene Fähigkeit, mit allen Situationen, die vielleicht auftreten, umgehen zu können, durch Policen, Konzepte, feste Strukturen und den Versuch, der Verantwortung zu entkommen. Das geht auf Kosten der Freiheit, der Freude, des Glücks, der Leichtigkeit. 

In einer traumatisierten Gesellschaft wie der unseren ist das fatal. Die kollektive Suche nach Sicherheit in Verbindung mit einem geringen Vertrauen zu sich, verschiebt Verantwortung vom Einzelnen zu Institutionen, selbsternannten Experten, zum Tsunami der Coaches, bis kein Schritt mehr getan wird, ohne nicht vorher einen einschlägigen Experten befragt zu haben. Dann habe ich keine Verantwortung, wenn etwas schief läuft. Schließlich habe ich ja eine Menge Geld dafür gezahlt, mir sagen zu lassen, was ich tun soll und weiß, wer nun Schuld hat. 

Ganz ehrlich – ich habe das alles so satt! Die Babyschrittchen, das Drumherumgerede und vor allem das Drama. Dieses Aufplustern von Pseudogefühlen, das Jammern auf Luxusniveau.

Ich bin durstig nach Mitgefühl, Wärme, Liebe, Wahrhaftigkeit, Reflexionsfähigkeit und Lebendigkeit im täglichen Miteinander. Vor allem Lebendigkeit! Was soll denn schon passieren? Es kann schief gehen. Ja. Und? Dann kommen vielleicht mal echte Gefühle. Und die dürfen auch gezeigt werden. Wenn ich traurig bin, werden Menschen da sein, die mich trösten. Dann entsteht ein echter Kontakt. Oder ich lerne, nicht mehr vor meinen Ängsten wegzulaufen, sondern sie in der Tiefe zu spüren und zu erleben, dass sie von alleine wieder gehen. Wenn etwas schief geht, werde ich lernen wieder aufzustehen und von vorne zu beginnen. Wenn ich etwas nicht ändern kann, werde ich lernen damit zu leben. All das wird mich stark machen, weil ich in und mit meiner Verantwortung lebe. 

Jeder von uns repräsentiert einen Knoten im großen Netzwerk. Ist mein Knoten stark und lebendig, wirkt diese Kraft in alle Richtungen. Ich kann niemandem verändern, nur mich. Meine innere Arbeit ist es, die ins Außen strahlt und die Welt verändert. Alles andere sind Layer, die darüber liegen und nur zusammen mit der inneren Veränderung auf Dauer wirksam sein können. Aho!

„Wer die Freiheit nicht im Blut hat, wer nicht fühlt, was das ist: Freiheit – der wird sie nie erringen.“ Kurt Tucholsky

Mikroskop

Erkennen

Nach den großen Veränderungen, dem Erkennen, den Up’s und Down’s der letzten Jahre sind viele Menschen am Ende ihrer Kraft. Unsere Zukunft ist dort, wo sie schon immer war – im Nebel des noch nicht Geborenen, doch jetzt erkennen wir es. Das Bild, das über unserer Wahrnehmung lag, bekommt Risse und wir beginnen die Welt so zu sehen, wie sie ist. Wir erkennen die Zerstörung, die wir auf dem Planeten angerichtet haben und sehen die Zerstörung, die zuvor in uns geschehen musste. Denn wir können nichts im außen zerstören, wenn wir es zuvor nicht in uns zerstört haben. Wie könnten wir unsere Seen, Flüsse und Ozeane vergiften, wenn wir das Leid der Fische, der Delphine und Wale, der Schildkröten und all der anderen Meeresbewohner noch bereit wären zu spüren? Wie könnten wir die Erde aufreißen, um uns ihre Schätze anzueignen, wenn wir noch spürten, dass wir nicht nur mit ihr verbunden, sondern im tiefsten Sinne ihre Kinder sind? Wie könnten wir unsere eigenen Kinder diesen verrückten Narrativen ausliefern, wenn wir noch Kontakt zu unseren inneren verletzlichen Anteilen hätten? Alles begann und alles endet in uns. Und das zeigt uns einen Weg auf.

Hat man des Pudels Kern erstmal entdeckt, ist klar, wohin die Reise geht. Es geht um jeden und jede Einzelne von uns. Nur in uns können wir es lösen. Wie Sadhguru sagt: wenn wir nicht Frieden in uns finden, wie sollen wir Frieden in der Welt finden? Da liegt die Lösung doch! Wie wunderbar! Denn das ist machbar. Nichts wird sich ändern, wenn du nicht in dir Frieden machst, und ich nicht in mir Frieden mache. Das ist die wirkliche Aufgabe! Die Welt kann keiner von uns verändern, aber uns selbst … darauf könnten wir unsere Kraft richten. Um die Welt zu retten, müssen wir unseren Wahn von der Rettung der Welt aufgeben. Und Frieden in uns machen. Wirklichen Frieden. Mit unserer Vergangenheit, unserer Gegenwart, unserer Zukunft. Mit unserer Unfähigkeit andere zu verändern. Mit unserem Weg, unseren Möglichkeiten und unseren Unmöglichkeiten. Mit unseren Zulänglichkeiten und unseren Unzulänglichkeiten. Den irrigen Versuch einer Kontrolle aufgeben. Wir haben keinen Einfluss auf das da draußen. Doch jeder von uns hat Einfluss auf die materiellen und immateriellen Dinge, die er selbst in die Welt gibt. Wenn ich friedlich und liebevoll mit mir und der Welt bin, strahlt ein anderes Licht von mir aus. Ein Licht, das andere anzieht, das Liebe und Frieden in ihnen anspricht und in die Kraft bringt. Wenn ich Erkennen ausstrahle, werden auch Menschen auf die ich treffe, beginnen zu erkennen. Sie werden neben mir stehen und in die gleiche Richtung schauen, in die ich schaue. Da ist kein anderer Weg. Mutter Erde liebt alle ihre Kinder. Die schönen und die hässlichen. 

Mikroskop

Kognitive Dissonanz

Die meisten unserer Zeitgenossen leiden unter einem eingeschränkten Blickfeld. Tragen freiwillig Scheuklappen und möchten in ihrem Weltbild nicht gestört werden. Wie ein Vogelschwarm richten sie sich nur nach den paar Wesen, die ihnen räumlich nahe sind und dort nur nach dem Durchschnitt. Unfähig sich eine eigene Meinung zu bilden, einen eigenen Standpunkt zu beziehen und ihren Weg zu gehen. 

Veränderung in der Masse wird nur erreicht – wie uns seit 2020 so eindrucksvoll demonstriert wird – indem ein Wahnsinnsaufwand betrieben wird. Deshalb laufen alle Ansätze dieses neue Normal zu verändern, ins Leere, spalten sich und die, die es ändern möchten. Auch unter denen, die das momentane Spiel durchschauen, geht in großen Teilen die Angst um. Solange wir dieser Angst Macht geben, unsere Entscheidungen nicht daraufhin hinterfragen, sind auch wir manipulierbar und manipulieren selbst. 

Menschen sind kognitiv nicht zu erreichen. Wir leben nicht über den Verstand, sondern über Intuition, Instinkt und Gefühle. Nur dort kannst du jemanden eventuell abholen. Die Frage ist, wieso wir andere, die Gesellschaft, die Welt retten wollen. Oft treibt uns ein Nicht-Aushalten-Können in die Handlung. Wir halten unsere inneren Impulse nicht aus, die unklare Unruhe, den Druck, all dieses Seltsame, das sich meldet, wenn wir unsicher werden. Wir wollen die Unsicherheit nicht spüren. 

Zuerst gilt es, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Den Fokus auf unsere innere Tiefe zu richten und solange tiefer zu gehen, bis der nächste Schritt aus dieser Tiefe aufsteigt statt unseren Verstand mit der Lösung zu beauftragen. Unser Verstand hat uns, in Verbindung mit unseren Ängsten, in die momentane Lage gebracht. Er wird uns nicht hinausführen. Ein Problem kann nicht auf der Ebene gelöst werden, auf der es entstanden ist. 

Es gilt jetzt zu klären, wieso wir wie handeln wollen. Tun wir das nicht, werden sich unsere weggedrückten Schatten, das was wir bei uns nicht sehen wollen, unbemerkt einschleichen. Nichts ist weg, nur weil wir es nicht mögen, uns schuldig damit fühlen oder uns schämen. Im Gegenteil. Lassen wir Schlimmes und Unangenehmes ins Unbewusste sinken, wird es ein Eigenleben führen. Solange wir nicht erkennen, dass wir alle das Potential haben, all die Verbrechen zu begehen, weswegen wir andere „aus tiefster Seele“ ablehnen, solange wir unser Pseudo-Gutmenschtum konservieren, prangern wir die Gräuel, die andere begehen an, ohne unseren Anteil an diesen oder anderen Gräueltaten sehen zu wollen. So wie zum Beispiel unser ungezügelter Konsum eine Kehrseite hat, mit der wir uns nicht beschäftigen. Egal ob Kleidung, Haushaltswaren, Computer und Handys, Autos, auch Elektroautos oder unser Fleischkonsum, wir wollen nicht sehen. Nicht, wieviel Wasser eine neue Jeans, ein Kilo Rindfleisch, oder eine Flasche Mineralwasser in der Herstellung verbrauchen. Nicht, wieviel hochgiftige Chemikalien beim Abbau der Metalle, die in Smartphone und Computer verbaut sind, gebraucht werden oder dass der Neubau eines Hauses zweimal mehr Rohstoffe verschlingt, als die Sanierung eines Altbaus, die zuvor ja auch noch abgebaut werden müssen. Wir verschleudern Ressourcen ohne Ende, massakrieren unsere Mutter, die Erde und machen auch vor unseren Körpern nicht halt, stopfen uns mit Essen voll, das uns nicht guttut und akzeptieren, dass Ärzte uns anschließend mit Medikamenten eindecken, die nur Symptome behandeln und die Ursache völlig außer acht lassen. 

Mit den Fakten unserer Lebensweise dissoziieren wir unser Gefühl dazu. Unser Wissen um die Wahrheit, die sich dahinter verbirgt. Meldet sich unsere Intuition, unser Bauchgefühl dann doch, schieben wir es weg und verweisen uns selbst auf Experten, die raten, Freunde und Familie, die es doch auch so machen, die Sendungen im Fernsehen, die uns erzählen was richtig sei. 

Was jedes Kind noch über Wahrheit und Lüge und deren Erkennen weiß, wird uns nach und nach abtrainiert. Als Erwachsene haben wir einen großen Teil unserer Erkenntnisfähigkeiten verloren, glauben an das ausgebreitete Expertentum und spüren die feine Stimme der Intuition kaum noch. Sie hat sich tief in uns hinein zurückgezogen, doch wir können sie jederzeit aktivieren, indem wir uns auf unsere Visionen, unseren Weg, auf das Leben, das wir leben wollen besinnen.

Wer bin ich und wer möchte ich sein? Wie sehe ich mein Leben, abseits von gesellschaftlichen Wünschen, Erwartungen und Druck? Welche innere Haltung hilft mir diesen Weg zu gehen? Was sind meine Werte und welche Prioritäten setzte ich? Wie fühlt sich das an? Spüre ich Weite oder Enge? Zieht sich mein Magen zusammen, wird meine Schultermuskulatur hart? Oder entspannt sich mein Gesicht? Fühlt sich meine Brust weiter an? 

So kann ich Stück für Stück die Angst loslassen und zurück ins Vertrauen finden. Vertrauen in mich, in meine Mitmenschen, in das Leben. Vertrauen in meine Intuition, meine Fähigkeiten zu denken und vor allem auch darauf, dass der nächste Schritt sich zeigen wird. Das Wissen darum wird aus mir aufsteigen und es wird sich richtig anfühlen. Ein wenig riskant vielleicht, aber beim Gedanken daran wird ein Lächeln in meine Mundwinkel ziehen.

Ich - Du - Wir

„Man kann nun nicht behaupten, dass mein märkischer Nachbar über besonders ausgeprägte Fähigkeiten im Nichtstun verfügt. Im Gegenteil. Egal, wann ich ihn antreffe, er ist immer auf den Beinen. Er sammelt, säubert, verkauft Eier. Er gräbt, mulcht, lüftet Beete. Er pflanzt, schient, erntet Tomaten. Er hackt, trocknet, bunkert Rüben. Auch sonntags schneidet er für seine Hühner ein wenig Gras. Eine nach Westen ausgerichtete Bank am Grundstücksende, wie ich sie habe, über die verfügt sein wuselndes, wachsendes, gedeihendes Grundstück nicht. Er käme ohnehin kaum zum Sitzen darauf.

In der Statistik gilt mein Nachbar aber als arbeitslos. Das ist einigermaßen irrwitzig, wenn man sein Arbeitspensum betrachtet. Er gilt als arbeitslos, weil er, der Flugzeugingenieurswesen studiert hat, nicht als Flugzeugingenieur arbeitet. Was er stattdessen Tag für Tag leistet, bleibt den meisten verborgen. Um in der Statistik nicht als arbeitslos zu gelten, müsste er morgens mit dem Auto aufbrechen, tagsüber nicht zu sehen sein, abends im Supermarkt Gemüse erstehen und erst nach Einbruch der Dunkelheit mit vollgepackten Tüten im Dorf erscheinen. 

Mein Nachbar ist nicht nur fleißig, er ist auch sehr klug. Das kann man doch abkürzen, mag er sich gedacht haben. Warum sollte er ins Büro gehen, um Geld für Gemüse zu verdienen, das er selbst anbauen kann. Warum sollte er am Computer verkümmern, wenn er draußen viel glücklicher ist. Warum sollte er nicht bleiben, mag er sich gedacht haben, wo er frei und unabhängig und keinem Chef untergeben ist. Obwohl er ganz schlecht im Garnichtstun ist, wurde mir mein märkischer Nachbar zum Vorbild. Er hat nicht das Arbeiten an sich eingestellt, sondern die Umwege, die man mit der Arbeit meist einschlägt, einfach abgekürzt. Er arbeitet nicht wenig, aber er wird seine Arbeit nicht bereuen. Ein größeres Maß an Unabhängigkeit, Freiheit und Autarkie ist nicht zu erlangen.

Wenn er stattdessen einem Supermarkt nach Büroschluss Tomaten und Gurken abkaufte, müsste er einen hohen Preis dafür zahlen, nicht nur an der Supermarktkasse. Straßen müssten gebahnt werden für diese Tomaten und Gurken, Lastwagen darauf fahren, die Teerlungen der Straßenarbeiter kuriert werden, was allenfalls dem Bruttoinlandsprodukt zugute käme. Die Dorfbewohner sollten sich bei meinem Nachbarn bedanken. Frühmorgens weckt er niemanden mit einem Automotor. Er verbraucht kaum Plastik. Seine Arbeit verursacht keine Folgeschäden. Er zerstört nichts. Und er ist immer gut gelaunt. Wahrscheinlich ist mein Nachbar einfach zu fortschrittlich. Er geht nicht arbeiten, sondern er arbeitet, er gilt in der Statistik als arbeitslos, bezieht aber kein Geld vom Staat, er passt einfach nicht ins System. Und das ist auch gut so.“

Das Beste, was wir tun können, ist nichts, Björn Kern

Wir alle sind Natur

Vandana Shiva: Die Absicht hinter unserer Entfremdung von der Natur.
Zeitenwende

“Wir leben in einer schweren Zeit. Im globalen Schmerzkörper steckt ein kollektives Unglück in der Liebe. Zu den tiefsten Krisengebieten unserer Zeit gehört die Beziehung der Geschlechter. Hier sind viele Hoffnungen zugrunde gegangen, viele Träume geplatzt und viele schlimme Gedanken entstanden, Gedanken der Resignation, der Ironie, der Rache und der Gewalt. Erst wenn wir eine soziale Bewegung in Gang bringen, die hier eine positive und überzeugende Antwort geben kann, können wir unsere Evolution in eine humane Richtung bringen. Politische oder religiöse Bewegungen, die hier keine Antwort geben, werden scheitern an der Übermacht der Gegenkräfte, die auch im eigenen Inneren stecken. Sie werden scheitern an der Übermacht ihres eigenen unerlösten Verlangens.

Solange die intimste Sehnsucht unerlöst bleibt, wird der Mensch immer nach ideologischen, religiösen, beruflichen oder politischen Ersatzlösungen suchen, und je mehr er sich auf diese Ersatzlösungen festgelegt hat, desto mehr wird er sich gegen die Aufdeckung innerer Wahrheiten wehren. Man will nie mehr in Berührung kommen mit den alten Wunden, mit den Schmerzen und Enttäuschungen in der Liebe. Auf diesem Wege von Vermeidung und Verdrängung dreht sich das Rad des bestehenden Systems immer weiter, es ist ein System des sich permanent selbst reproduzierenden Unglücks in der Liebe. Und das kollektive Unglück in der Liebe verlangt permanent nach Kompensation: Konsum, Sucht und Gewalt.

Wir formulieren hier einen Zusammenhang zwischen dem globalen Kriegsgeschehen und dem intimsten Bereich des menschlichen Lebens. Kann das ernst gemeint sein: Befreiung der (sexuellen und seelischen) Liebe als Voraussetzung für einen globalen Frieden? Wir wissen, wie ideologisch solche Aussagen klingen für viele Zeitgenossen, welche angesichts der fürchterlichen Ereignisse unserer Zeit nicht verstehen können, warum wir, die wir selbst solange schon politisch engagiert sind, mit solcher Vehemenz auf die inneren Themen hinweisen. Wir tun es, weil hinter allen äußeren Illusionen der verborgene Schmerz liegt, die verborgene Trauer oder die verborgene Wut, die man längst nicht mehr benennen kann. Und wir tun es vor allem, weil über allen Wolken immer noch ein strahlender Himmel ist, eine Weltordnung der Liebe – wir nennen sie die ‘heilige Matrix‘.“

Dieter Duhm, Sabine Lichtenfels; Tamera

Wir alle sind Natur

Der Weg

Wir alle sind Reisende. Auf diese Welt kommend, tragen wir ein Licht in uns, das unseren ganz eigenen Duft, unsere ganz spezielle Farbe, diesen ganz besonderen Klang trägt, den wir der Welt schenken möchten. Dieses Licht ist eine machtvolle Kraft, die danach drängt, sich zu zeigen, die Welt durch ihre feine Besonderheit zu bereichern und zu vervollständigen. Es ist unsere Lebensenergie, unsere Shakti, die in uns aufsteigen und durch uns in die Welt gelangen möchte. 

Dies geschieht ganz leicht, ohne besondere Anstrengung. Diese Energie steht immer zu unserer Verfügung. Bei jeder Entscheidung, bei jedem Menschen, den wir treffen, bei allem, was wir im Außen wahrnehmen, sendet sie Impulse in unser Bewusstsein. Wir alle kennen das Gefühl der Weite, wenn wir den Sonnenuntergang beobachten oder an einem warmen Sommerabend, weit ab von der Stadt, die Pracht des Sternenhimmels genießen. Die Wärme und Freude, die in uns aufsteigt und wie ganz von selbst, ein Lächeln auf unsere Lippen malt. Die gleiche Energie schickt uns Impulse in jeder Lebenslage.

Der Prozess gerät dann ins Stocken, wenn Kinder mit einer Mischung aus Angst, Druck und Liebesversprechen ihrer inneren Entwicklung, dem in jeder Zelle verankerten Wissen, ihrem tiefen Lebenswissen, entfremdet werden. Eigentlich bräuchten sie Begleitung darin, genau diese Melodien in sich wahrzunehmen, sie mit der Welt im Außen zu verbinden und ihnen zu vertrauen. Stattdessen erfahren sie, dass ihre Erwachsenen den aufsteigenden Impulsen bei sich selbst nicht trauen, sie vielleicht gar nicht wahrnehmen oder über sie hinweggehen.

Jahrtausende der Fremd- und Selbstunterdrückung haben dazu geführt, dass wir uns von dem machtvollen Wissen und Weben in jeder unserer Zellen abgeschnitten haben. Die alten GöttInnenbilder, mit denen wir es beschrieben haben, sind im Wind verweht, aber niemals verloren. Diese Macht ist so großartig, so prächtig und stark, dass sie nicht vergehen kann. Alles, was wir wirklich sind, ist sie. Sie ist das Murmeln des Baches, der Wind, der die Blätter der Eiche bewegt. Sie lässt unsere Haare wachsen, das Gras aus der Erde sprießen. Sie macht, dass die Erde sich dreht und mit einer irren Geschwindigkeit durch das Weltall rast. Sie ist Geburt, Leben und Tod, das ewige Werden und Vergehen, das uns manchmal solche Angst bereitet. Sie ist das Versprechen auf einen immer wieder neuen Anfang und ein tröstliches Ende. Gerade der ewige Kreislauf erzählt von Erneuerung. Nicht im ewigen Leben, sondern im ewigen Vergehen liegt die Erneuerung verborgen wie ein wundervoller Schatz. 

Wir können uns jederzeit auf den Weg machen, um uns wieder bewusst mit dieser Kraft in uns zu verbinden. Sie ist da und wartet auf uns, ruft uns, klopft machtvoll oder leise an unser Bewusstsein. Manche hören ihren Ruf sehr stark, andere finden behutsam zu ihr. Wie auch immer, eines ist gleich. Ihr Ruf lässt unser Herz weit werden. Alles öffnet sich, Möglichkeiten zeigen sich und ja … dieser Stimme zu folgen gibt uns ein Gefühl von Abenteuer, von einem Risiko, das wir eingehen müssen. Ein Prickeln steigt bis in unsere Kehle auf, dringt in die Schultern vor und lässt unsere Augen blitzen. Dann gehen wir los und beim Gehen schiebt sich der Weg unter unsere Füße.