Ich bin durstig. Durstig nach Freiheit. Durstig nach dem Geschmack von Wind und Sonne. Durstig nach lächelnden Menschen, nach Einfachheit und Freude.
Irgendwann habe ich aufgehört eine Mission zu haben. Nicht im Innen, nicht im Außen. Dieses Gefühl „ich müsste doch“ verschwand. Nein, ich muss nicht! So oft in meinem Leben habe ich als Jeanne d‘Arc unter fremder Flagge gelebt. Habe Ziele verfolgt, die nicht aus meiner Seele aufstiegen, die nicht meinen Geruch hatten. Wollte dazu gehören, gemocht und gesehen werden.
Doch jetzt ist etwas in mir aufgebrochen. Eine Stärke, ein Wert, eine Schönheit, die trägt. Die Augen und Ohren der Anderen sind nicht mehr wichtig. Meine Seele folgt ihrer Freude. Sie fragt nicht, ob sie Purzelbäume schlagen darf, sie tut es, wenn sie es möchte.
Freiheit im Innen braucht Freiheit im Außen. Sicher nicht unbedingt, doch die Sehnsucht ist da. Eine Sehnsucht nach einem einfachen, ungebundenen Leben mit Menschen, die ähnliche Werte haben. Sehnsucht nach einem Leben, bei dem nicht jede Handlung einen dreifacher Vordruck verlangt. In dem Impulse einfach mal umgesetzt werden können, ohne zuvor den Amtsschimmel zu füttern. Sehnsucht nach einem Leben mit Menschen, Tieren und Pflanzen.
Freiheit und Sicherheit sind konträre Werte, die in unserer Gesellschaft konkurrieren. Menschen, die als Kinder keine sichere Bindung erleben durften, ersetzen innere Sicherheit, also das Vertrauen in sich selbst, in die eigene Fähigkeit, mit allen Situationen, die vielleicht auftreten, umgehen zu können, durch Policen, Konzepte, feste Strukturen und den Versuch, der Verantwortung zu entkommen. Das geht auf Kosten der Freiheit, der Freude, des Glücks, der Leichtigkeit.
In einer traumatisierten Gesellschaft wie der unseren ist das fatal. Die kollektive Suche nach Sicherheit in Verbindung mit einem geringen Vertrauen zu sich, verschiebt Verantwortung vom Einzelnen zu Institutionen, selbsternannten Experten, zum Tsunami der Coaches, bis kein Schritt mehr getan wird, ohne nicht vorher einen einschlägigen Experten befragt zu haben. Dann habe ich keine Verantwortung, wenn etwas schief läuft. Schließlich habe ich ja eine Menge Geld dafür gezahlt, mir sagen zu lassen, was ich tun soll und weiß, wer nun Schuld hat.
Ganz ehrlich – ich habe das alles so satt! Die Babyschrittchen, das Drumherumgerede und vor allem das Drama. Dieses Aufplustern von Pseudogefühlen, das Jammern auf Luxusniveau.
Ich bin durstig nach Mitgefühl, Wärme, Liebe, Wahrhaftigkeit, Reflexionsfähigkeit und Lebendigkeit im täglichen Miteinander. Vor allem Lebendigkeit! Was soll denn schon passieren? Es kann schief gehen. Ja. Und? Dann kommen vielleicht mal echte Gefühle. Und die dürfen auch gezeigt werden. Wenn ich traurig bin, werden Menschen da sein, die mich trösten. Dann entsteht ein echter Kontakt. Oder ich lerne, nicht mehr vor meinen Ängsten wegzulaufen, sondern sie in der Tiefe zu spüren und zu erleben, dass sie von alleine wieder gehen. Wenn etwas schief geht, werde ich lernen wieder aufzustehen und von vorne zu beginnen. Wenn ich etwas nicht ändern kann, werde ich lernen damit zu leben. All das wird mich stark machen, weil ich in und mit meiner Verantwortung lebe.
Jeder von uns repräsentiert einen Knoten im großen Netzwerk. Ist mein Knoten stark und lebendig, wirkt diese Kraft in alle Richtungen. Ich kann niemandem verändern, nur mich. Meine innere Arbeit ist es, die ins Außen strahlt und die Welt verändert. Alles andere sind Layer, die darüber liegen und nur zusammen mit der inneren Veränderung auf Dauer wirksam sein können. Aho!
„Wer die Freiheit nicht im Blut hat, wer nicht fühlt, was das ist: Freiheit – der wird sie nie erringen.“ Kurt Tucholsky
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