… findet unter anderem statt, wenn Eltern sich nicht spüren. Nicht in einem inneren Kontakt mit ihren Gefühlen und Körperempfindungen sind. Dies macht sie fühl- und empfindungslos für den Schaden, den sie verursachen. Mitgefühl beruht auf einem mit-spüren können, was das Gegenüber empfindet. Spüre ich mich nicht, kann ich auch nicht mit-spüren.
Stell dir vor, eine Mutter betrachtet ihr Kind mit dem Blick eines Forschers, der Geiseltierchen unter dem Mikroskop betrachtet. Er hat gerade einen chemischen Stoff in die Flüssigkeit gegeben und „erforscht“ nun, wie die Geiseltierchen darauf reagieren. Emotion- und Gefühllos.
Ein Kind das nach einer mütterlichen (oder väterlichen) Interaktion (zum Beispiel einer Strafe oder „Konsequenz“, es sind auch viele andere Interaktionen denkbar) so betrachtet wird, spürt sofort, dass keine Verbindung zwischen dem Elternteil und ihm besteht. Denn das Kind erwartet immer mit Liebe betrachtet zu werden -was sein Geburtsrecht ist-. Es wird darauf reagieren, indem es den Kontakt zu sich kappt. Alles andere wäre existenziell bedrohlich, sprich die Eltern könnten es in irgendeiner Form „verstoßen“, was traumatisierte Eltern tatsächlich immer wieder getan haben und bis heute tun*. Besser sich verlieren, als die Eltern verlieren. Das könnte bedeuten das Leben zu verlieren. (Was sowieso geschieht. Denn das Kind verliert sein Leben und lebt nun das Leben, das die Eltern ertragen können).
Ein Kind ist immer existenziell von seinen Eltern abhängig. Daher wird es alles dafür tun, die Beziehung zu schützen. Und das bedeutet meistens, es gibt sich, sein Wissen über sich, seine Vorstellung von sich, seine Liebe zu sich, auf, wenn es glaubt dadurch die Beziehung zu seinen Eltern zu riskieren. Kinder gehören zu ihren Eltern (von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen). Und Eltern sollten darin unterstützt werden, mit sich und ihren Kindern besser leben zu können. Dies ist in den meisten Fällen möglich, wenn an den Ursachen und nicht am Verhalten gearbeitet wird.
Die Eltern handeln nicht so, weil sie „böse“ Eltern sind. Sie handeln so, weil sie selbst so behandelt wurden und diese Art des Umgangs mit Kindern verinnerlicht haben. In der Transaktionsanalyse würde man sagen, sie handeln aus ihrem inneren Eltern-Ich heraus. Sie sind also nicht in Kontakt mit ihrem lebendigen aktuellen Sein, sondern agieren aus einem in der Vergangenheit erlernten und verinnerlichten Muster heraus, indem sie dieses wiederholen.
Auch diese Eltern haben als Kinder ihr Ich, ihr So-Sein aufgegeben, weil sie spürten, dass die Beziehung zu ihren Eltern gefährdet war.
*Eltern haben Kinder zu vielen Zeiten abgegeben. Zum Arbeiten beim Bauern oder Handwerker; in den Wald geschickt, weil sie glaubten sie nicht mehr ernähren zu können (sogar in das Kulturgut der Märchen eingegangen); als Sklaven verkauft und so weiter. In der Gegenwart gibt es Eltern, die sagen, ihr erwachsenes Kind sei nicht mehr ihr Kind, weil es sich nicht so verhält, wie sie es wünschen. Was haben solche Eltern wohl ihren Kindern vermittelt, als sie noch klein waren? Kinder werden in Heimen, Internaten und anderen Einrichtungen untergebracht, weil man „nicht mehr mit ihnen klarkommt!“. Es ist also nicht weit hergeholt, dass traumatisierte Eltern ihre Kinder verstoßen.
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